28.01.2014

PROKON-Insolvenz: Wie geht es für Anleger jetzt weiter?

Die PROKON Regenerative Energien GmbH (im Folgenden kurz PROKON) hat am 22. Januar 2014 Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens gestellt. Das Verfahren ist anhängig beim AG Itzehoe unter dem AZ 28 IN 11/14. Zum vorläufigen Insolvenzverwalter wurde Herr Rechtsanwalt Dr. Dietmar Penzlin aus der Kanzlei Schmidt-Jortzig, Petersen, Penzlin aus Hamburg ernannt.

Es handelt sich somit nicht um ein Verfahren in Eigenverwaltung nach den §§ 270 ff InsO und damit auch nicht um ein sogenanntes Schutzschirmverfahren, das automatisch (§ 270 b InsO) die Vorlage eines Insolvenzplanes innerhalb einer Drei-Monats-Frist vorsieht. Die spätere Vorlage eines Insolvenzplanes ist jedoch nicht ausgeschlossen.
Ab der Beschlussfassung durch das Insolvenzgericht darf die Geschäftsführung der PROKON nur noch mit Zustimmung des vorläufigen Verwalters tätig werden. Vollstreckungen sind untersagt. Die Auskunftspflichten des vorläufigen Insolvenzverwalters bestehen nur gegenüber dem Insolvenzgericht. Rechtsanwältin Sarah Mahler informiert über die wichtigsten Fragen, die sich Anleger von PROKON jetzt stellen.

Was muss der Inhaber von Genussrechten jetzt tun?

Die Frage ist doppelt zu beantworten:
Zur Zeit besteht kein aktueller Handlungsbedarf im vorläufigen Insolvenzverfahren! Es ist nicht notwendig die Kündigung auszusprechen. Forderungen können erst nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens angemeldet werden. Wir empfehlen insoweit den weiteren Verlauf des Antragsverfahrens abzuwarten.
Anders sieht es indes aus, soweit es um Schadensersatzansprüche geht: Insoweit sollte geprüft werden, ob von Seiten der Inhaber der Genussrechte Schadensersatzansprüche aus Prospekthaftung und/oder wegen eines sogenannten „Schneeballsystems“ bestehen. Dieses ist für die Rechtsstellung des Inhabers der Genussrechte nach Eröffnung des Verfahrens von entscheidender Bedeutung (s.u.). Außerdem kommen Schadensersatzansprüche gegen andere, nicht insolvente Beteiligte des Prokon-Konzerns in Betracht!

Hat der Inhaber der Genussrechte jetzt noch einen Anspruch auf Rückzahlung und/oder Zinsen?

Ja! Der Anspruch geht mit Antragstellung nicht unter. Aber seit der Anordnung des vorläufigen Insolvenzverfahrens können diese Ansprüche nicht einzeln von jedem Inhaber durchgesetzt werden. Die einzelnen Forderungen können erst nach Eröffnung (und nicht vorher!) bei dem dann vom Gericht eingesetzten Insolvenzverwalter zur Tabelle angemeldet werden.

Welche Rechte hat der Inhaber von Genussrechten nach Eröffnung?

Bei einem Insolvenzverfahren handelt es sich um ein Gesamtvollstreckungsverfahren. Grundidee ist, dass alle (gleichrangigen) Gläubiger gleichmäßig Erfüllung ihrer Forderungen erhalten. Die Rechte der Gläubiger werden über die Gläubigerversammlung und (wenn ein solcher eingesetzt wird – § 22a InsO im vorläufigen Verfahren bzw. § 67 InsO nach Eröffnung) über einen Gläubigerausschuss wahrgenommen. Die Einzelrechte sind jedoch sehr eingeschränkt, da bei einzelnen Beschlüssen die Gläubigerversammlung (erst nach Eröffnung) abstimmt und hier bei einer Abstimmung die Mehrheit der anwesenden Verbindlichkeiten in Summe entscheidet und nicht die Mehrheit der „Köpfe“ der anwesenden Gläubiger. Es wäre somit möglicherweise wichtig, dass sich „gleichgesinnte“ Inhaber von Genussscheinen „bündeln“, um ihre Interessen besser durchzusetzen.

Gehen die Rechte anderer Gläubiger als die der Inhaber von Genussrechten vor?

JA! Die Rechtsform einer Forderung (Rückzahlung und/oder Zinsen) und damit die Stellung und Definition von Genussrechten ist im deutschen Recht nicht (!) definiert. Der Genussschein wird zwar im Gesellschaftsrecht (AktG), im Aufsichtsrecht (§ 10 KWG oder aber § 53 c VAG) sowie im Steuerrecht (§ 20 EStG oder auch § 8 KStG) erwähnt. Eine Definition gibt es aber nicht. Unterschieden wird auch zwischen Genussrechten und Genussscheinen, die (anders als bei PROKON) als Wertpapiere verbrieft und emittiert werden. Die Inhaber von Genussrechten und auch bei Genussscheinen haben in der Insolvenz nur sogenannte „nachrangige Forderungen“, zumal es in den Genussbedingungen in § 10 bei PROKON auch noch eine Nachrangvereinbarung gibt. Dieses bedeutet, dass die Inhaber der Genussrechte eine Zahlung (Rückzahlungen und Zinsen) erst dann bekommen, wenn alle anderen Gläubiger (§ 38 InsO) eine 100 %-ige Quote im Insolvenzverfahren bekommen haben und zuvor alle Kosten des Verfahrens gezahlt worden sind. Zusätzlich müsste das Insolvenzgericht den Eröffnungsbeschluss dahin gehend fassen, dass auch nachrangige Gläubiger (Inhaber von Genussrechten = § 39 InsO) ihre Forderungen zur Tabelle anmelden können. Hierauf sollten die Inhaber von Genussrechten einwirken.

Gibt es eine andere Chance?

Es besteht die reelle Chance, dass die Rückzahlungsansprüche der Inhaber von Genussrechten nicht nachrangige Forderungen, sondern Forderungen nach § 38 InsO sind, was für die Inhaber von entscheidender Bedeutung für das kommende Insolvenzverfahren nach Eröffnung ist. Dies wäre dann der Fall, wenn belegt werden könnte, dass die Prospekte der PROKON und insbesondere die sogenannten „Kurzprospekte“ im Bereich der Risikohinweise fehlerhaft sind und somit Prospekthaftungsansprüche bestehen. Gleiches gilt, falls sich herausstellen sollte, dass die an Inhaber von Genussrechten in der Vergangenheit gezahlten Zinsen nicht aus dem operativen Gewinnen des Unternehmens, sondern vielmehr aus Einzahlungen weiterer neuer Genussrechteinhaber erfolgt sind und somit ein „Schneeballsystem“ vorliegt. Für Fehler in den Kurzprospekten gibt es konkrete Anhaltspunkte. Bereits im September 2012 hatte das Schleswig-Holsteinische Oberlandesgericht einer Klage gegen PROKON wegen unlauterer Werbung stattgegeben. Die Aussagen zur Sicherheit der Genussrechte seien irreführend gewesen, heißt es in dem Urteil (Az: 6 U 14/11). Der Zeitraum des jetzt laufenden Insolvenzantragsverfahrens könnte für individuelle Prüfungen genutzt werden, um nach Eröffnung die Rechte der Inhaber best möglich in deren Sinne zu vertreten.

Insolvenzplan ja oder nein?

Zwar hatte die Geschäftsleitung PROKON noch vor wenigen Tagen von einem Planverfahren gesprochen. Es bleibt abzuwarten, ob vom Unternehmen PROKON (ggfls. mit Unterstützung des vorläufigen Insolvenzverwalters) ein Insolvenzplan (§§ 217 ff. InsO) ausgearbeitet wird. Auch die Gläubiger können nach Eröffnung des Verfahrens in der 1. Gläubigerversammlung = Berichtstermin (frühestens ein, spätestens drei Monate nach Eröffnung) den Verwalter beauftragen einen Insolvenzplan zu erarbeiten (§ 157 S. 2 InsO).

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