Geldentschädigung für Haft19.09.2023

Unschuldig im Gefängnis: Wie hoch ist die Haftentschädigung?Haftentschädigung – Schmerzensgeld bei Inhaftierung Unschuldiger

Der Aufenthalt in einem Gefängnis ist für die meisten Menschen der Horror. Die räumliche Enge sowie der Gefängnis­alltag können zu einer emotionalen Belastung führen. Hinzu kommt, dass es nach einer Haft­entlassung einigen Menschen schwer fällt wieder zurück ins Leben zu finden. Nicht selten haben sich Freunde und Verwandte abgewandt. Zudem kann es schwierig sein wieder einen Job oder eine Wohnung zu finden. Umso bitterer ist es, wenn man zu Unrecht im Gefängnis einsaß. Zwar gewährt der Staat einem zu unrecht Ein­gesperrten eine Geld­entschädigung. Doch unter welchen Voraus­setzungen und wie hoch ist die Entschädigung?

Unter welchen Voraus­setzungen besteht ein Anspruch auf Geld­entschädigung?

Der Anspruch eines unschuldig Inhaftierten auf eine Geld­entschädigung wird durch das Straf­ver­folgungs­ent­schädigungs­gesetz (StrEG) geregelt. Danach hat Anspruch auf Haftentschädigung durch den Staat, wer zu Unrecht inhaftiert wurde oder zu Unrecht unter bestimmten anderen Strafverfolgungsmaßnahmen litt.

Entschädigung bei Freiheitsentzug

Der Entschädigungsanspruch besteht bei Haftstrafen aufgrund eines Urteils, das später wieder aufgehoben oder abgemildert wird. Dies ist in § 1 Absatz 1 StEG geregelt. Danach hat Anspruch auf Entschädigung aus der Staatskasse, wer zu Unrecht strafgerichtlich verurteilt wurde und dadurch einen Schaden erleidet. Der Anspruch entsteht, wenn nach einem rechtskräftigen Urteil (d.h. nach einem Urteil, das nicht mehr durch ein ordentliches Rechtsmittel wie Berufung und Revision angegriffen werden kann) die Verurteilung in einem Wiederaufnahmeverfahren oder sonst in einem Strafverfahren fortfällt oder gemildert wird.

Gemäß § 2 Absatz 1 StrEG hat ferner Anspruch auf Haftentschädigung, wer in Untersuchungshaft saß und später freigesprochen wird, wenn das Verfahren eingestellt wird oder das Gericht die Eröffnung des Hauptverfahrens gegen ihn ablehnt.

Entschädigung bei weiteren Strafverfolgungsmaßnahmen

Andere Strafverfolgungsmaßnahmen, für die bei späterem Freispruch oder Verfahrenseinstellung Anspruch auf Haftentschädigung besteht, sind gemäß § 2 Absatz 2 StrEG:

  • die einstweilige Unterbringung und die Unterbringung zur Beobachtung
  • die vorläufige Festnahme bei Gefahr in Verzug
  • Richterliche Auflagen bei Aussetzung des Haftbefehls (z.B. regelmäßige Meldepflicht bei Polizei oder Hausarrest)
  • Beschlagnahme, Vermögensarrest
  • Durchsuchung
  • die vorläufige Entziehung der Fahrerlaubnis,
  • das vorläufige Berufsverbot.
  • Auslieferungshaft und die vorläufige Auslieferungshaft

Welche Vermögensschäden werden erstattet?

Wer durch eine dieser Maßnahmen einen Schaden erleidet, wird aus der Staatskasse entschädigt. Gemäß § 7 StrEG wird der durch die Strafverfolgungsmaßnahme verursachte Vermögensschaden erstattet. Der Betroffene ist so zu stellen, wie wenn die Strafverfolgungsmaßnahme nicht stattgefunden hätte (der Betroffene also z.B. nicht im Gefängnis gesessen hätte oder der Führerschein nicht entzogen worden wäre). Darunter fällt beispielsweise entgangener Arbeitslohn bei Verlust des Arbeitsplatzes bzw. die erlittenen vorübergehenden Einkommensverluste. Selbständige können entgangen Gewinn bzw. durch die Haft erlittene Verluste geltend machen.

Problematisch bei Arbeitsplatzverlust ist die Bezifferung des zukünftigen Schadens. Der Nachweis, dass der Betroffene aufgrund des Arbeitsplatzverlustes bei langer Inhaftierung möglicherweise bis zum Renteneintritt keinen adäquaten Arbeitsplatz mehr finden kann, ist schwer zu führen.

Auch der Ersatz von Mietschulden, die aufgrund der Inhaftierung entstanden sind, kann unter Umständen geltend gemacht werden. Dies umfasst die Miete in der Zeit, in der die Wohnung aufgrund der Haft nicht genutzt werden konnte, und möglicherweise die Aufwendungen, die bei der Suche nach einer neuen Wohnung entstehen, sofern die alte Wohnung aufgrund der Haft verloren wurde.

Auch Vermögensschäden, die auf eine durch die Haft oder sonstige Strafverfolgungsmaßnahme erlittene Gesundheitsschädigung zurückgehen (etwa bei einer durch Traumatisierung verursachten Erwerbsunfähigkeit), sind von dem Haftentschädigungsanspruch umfasst. Auch bei diesem Anspruch wird der Kausalitätsnachweis in vielen Fällen das Hauptproblem der Geltendmachung darstellen.

Haftentschädigung – Schmerzensgeld bei Inhaftierung Unschuldiger auf 75 Euro pro Tag gedeckelt

Da sich Strafverfolgungsmaßnahmen oftmals gegen sozial eher schwache Personen richten, sind die direkten Vermögensschäden, die sie im Nachhinein nach dem Strafverfolgungsentschädigungsgesetz nachweisen und geltend machen können, zumeist eher überschaubar. Umso wichtiger ist die Frage nach einem Anspruch auf Ersatz immaterieller Schäden wie etwa Schmerzensgeld.

Unschuldig längere Zeit – Jahre – im Gefängnis zu sitzen, ist ein enormer Eingriff in das Leben eines Menschen und in Geld kaum aufzuwiegen. Jedoch hat der Gesetzgeber sich grundsätzlich dafür entschieden, keine hohen Schmerzensgeldforderungen bei Justizunrecht zuzulassen. Gemäß § 7 Absatz 1 und 3 StrEG wird bei allen Strafverfolgungsmaßnahmen außer der Freiheitsentziehung ausschließlich der entstandene (und von dem Betroffenen nachzuweisende) Vermögensschaden erstattet.

Nur bei der Freiheitsentziehung besteht darüber hinaus Anspruch auf eine Entschädigung. Diese beträgt 75 Euro für jeden angefangenen Tag der Freiheitsentziehung. Wer also beispielsweise nach einem Jahr in Untersuchungshaft freigesprochen wird, erhält neben den nachzuweisenden Vermögensschäden lediglich eine Haftentschädigung von 27.375 Euro (365 x 75 Euro) als immaterielle Kompensation für das erlittene Unrecht.

An dieser Stelle sei angemerkt, dass der Betrag der Haftentschädigung 2020 auf 75 Euro erhöht worden ist. Zuvor lag er bei lediglich 25 Euro am Tag. Die deutschen Justizminister erachteten den Betrag von 25 Euro auf ihrer Justizministerkonferenz vom 9. November 2017 als zu gering. Es dauerte dann noch bis zum 8. Oktober 2020 bis der Haftentschädigungsbetrag auf 75 Euro angehoben wurde.

Ausschluss des Entschädigungsanspruchs

Unter bestimmten Umständen ist der Entschädigungsanspruch insgesamt ausgeschlossen. Dazu gehören beispiels­weise folgende wichtige Fälle:

  • der Beschuldigte hat die Straf­ver­folgungs­maßnahme vorsätzlich oder grob fahrlässig verursacht
  • der Beschuldigte hat die Straf­ver­folgungs­maßnahme dadurch veranlasst, dass er sich selbst in wesentlichen Punkten wahrheits­widrig oder im Widerspruch zu seinen späteren Erklärungen belastete oder wesentliche entlastende Umstände verschwieg
  • der Beschuldigte wurde wegen einer Straftat nur deshalb nicht verurteilt oder das Verfahren wurde gegen ihn eingestellt, weil er im Zustand der Schuld­unfähigkeit gehandelt hat oder weil ein Verfahrens­hindernis (Bsp.: Fehlen eines Straf­antrags) bestand

Diese Rechtsfrage wurde aktualisiert. Antworten auf aktuelle Rechtsfragen finden Sie bei www.refrago.de (REchtsFRAGenOnline).

Quelle:refrago/rb/we/pt
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13 Gedanken zu „Unschuldig im Gefängnis: Wie hoch ist die Haftentschädigung?

  • 26. Oktober 2020 um 17:28 Uhr
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    Die Entschädigung nach § 7 Abs. 3 StrEG beträgt nunmehr 75 Euro für jeden angefangenen Tag der Freiheitsentziehung.

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  • 7. Dezember 2019 um 9:40 Uhr
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    Deutsche Staat hatte mir mein Leben kaputt gemacht. 850 Tage bin unschuldig in U-Haft. Davon 17 Monaten hatte man mich ins forensische ZfP ausgeliefert nur mit den Ziel mich an psychische Erkrankungen zu erkranken. Für 20 Monate ist mir Entschedigungs Geld zugesprochen von welchi ich nichts bekommen habe. Ich würde nie was bekommen. Das strukturelle Rassismus und Nazismus in Deutschland sind brand gefährlich geworden. Unschuldigen wurden wie in Nazi Zeit abgesperrt und auf denen würden Nazis Methodologie angewendet die Menschen für immer zerstört. Als Opfer dan sind sie allein gelassen und können sie nicht mehr weiter.

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  • 16. Juni 2019 um 19:57 Uhr
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    Ich war 10 Monate lang unschuldig im Gefängnis und das Gericht entschied, mir 25 Euro pro Tag zu zahlen. Weiß jemand, wie lange es dauert, dieses Geld zu erhalten?

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  • 23. April 2019 um 2:32 Uhr
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    Will mein Geld dafür das ich unschuldig verhaftet wurde

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  • 6. September 2018 um 12:32 Uhr
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    War genauso unschuldig im Gefängnis.
    Dieser Staat ist wirklich eine Schande. Man merkt an den 25 Euro, dass ein Menschenleben nichts Wert ist. Man soll nur arbeiten und knechten für dieses System. Einfach unfassbar. Vor allem die Umstände in der U-Haft sind mehr als nur katastrophal! Das ist keine Zelle. Das ist vielmehr ein Stall! Kein Spaß, viele der Menschen wurden Krank in den Zellen, weil die einfach nur unhygienisch sind. Dieser Staat hat sein wahres Gesicht gezeigt. Sowas nennt sich Sozial und demokratisch. Von wegen.

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  • 5. Dezember 2017 um 13:21 Uhr
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    Bin 1984 in den Westen habe pro Tag 25 D Mark bekommen ,wollte wissen ob mir mehr zusteht. Hochatungsvoll Krahberg

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  • 5. Dezember 2017 um 13:04 Uhr
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    Ich in Haft politisch ddr habe ich auf mehr anspruch

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    • 22. Juli 2018 um 14:57 Uhr
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      Meine 2. Mama saß damals auch in der ddr in politischer Haft, sie hat sich dagegen gewehrt und bekommt jetzt ein leben lang 100 € pro Tag als Entschädigung

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  • 4. Mai 2017 um 16:35 Uhr
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    Ich war unschuldig 27 monate in ungarn im Gefängnis in untersuchungshaft. Es gab 10 Gerichtstermine und letztlich wurde entschieden die akte nach Deutschland zu übergebenund ich wurde nach Deutschland überstellt wobei ich ca. 4 std. Nach ankunft vom der Haftrichterin auf haftverschohnung nach hause gehen durfte bzw mit einer Auflage das ich mich zweimal die Woche bei der Polizei melde. Bald wird es hier zu einer Gerichtsverhandlung kommen bei der ich sehr wahrscheinlich freispruch kriegen werde. Ich war mit 10 Frauen in einer zelle die viel zu klein war und es in den Toiletten keine fenster gab. In der zelle waren unterabderem auch mörderinen wo ich dadurch auch psychische Belastungen verfallen war. Durch die untersuchngshadt habe ich mietrückstände bekommen so das eine räumungsklage, gerichtsvollzieher, mahnkosten, zinsen usw entstanden sind. Wie hoch wäre die haftentschädigung in meinem falle?

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  • 20. Juni 2016 um 18:36 Uhr
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    Ich bin 2006 unschuldig verurteilt worden vom Amtsgericht,,,aber das ganze ist nicht offiziell…wieviel würde mich das kosten um die ganzen Fälle wieder aufzurollen …Kenne mich überhaupt nicht aus ..eine Unterschrift und Mann ist drinn für immer egal ob man entlassen wurde oder auch nicht…mfg

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  • 28. September 2015 um 13:46 Uhr
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    Unschuldig im Gefängnis

    Mein Freund saß unschuldig im Gefängnis vor vielen Jahren.Er hat in Deutschland gelebt ,stammt aus der Türkei. Er mußte ein halbes Jahr in Griechenland im Gefängnis sein und dann in der JVA Berlin/Moabit.Er hatte die uneingeschränkte Aufenthaltsgenehmigung für Deutschland.Heute noch ist seine Akte belastet,meine Frage ist:was kann man tun dass dieser Eintrag gelöscht wird und er wieder nach Deutschland kommen kann? vielen Dank für ihre Hilfe
    mit freundlichen Grüßen
    Silvia Poppek

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  • 2. Februar 2015 um 18:41 Uhr
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    Wer unschuldig im Gefängnis saß, bekommt zunächst den Vermögensschaden ersetzt, der ohne die Haft nicht eingetreten wäre.
    soweit so gut.
    Darüber hinaus bekommt er für jeden Tag in Haft weitere 25 Euro (§ 7 Abs. 3 StrEG).
    Na dann zeige mit der Gesetzgeber einmal jemanden, der lediglich 25€ in einem Vollzeitjob verdient. Das ist doch ein Hohn. Denn wer glaubt, er bekommen wirklich ALLES ersetzt, der hat sich noch nicht mit dem Thema befasst.

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  • 1. Februar 2015 um 10:55 Uhr
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    Aber ein großer Makel bleibt bestehen, wie im Fernsehen gesehen, das man wenn man unschuldig eingesessen hat für das Essen das man erhalten hat, die Kosten selber zu tragen hat. Das hat mit Recht selber nicht mehr viel zu tun !!!

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