Strafrecht05.02.2015

Was bedeuten Anfangsverdacht, hinreichender Tatverdacht und dringender Tatverdacht?

Die Begriffe des Anfangsverdachts, hinreichenden Tatverdachts und dringenden Tatverdachts sind bedeutsam innerhalb der Strafprozessordnung. So kann ohne Vorliegen eines Anfangsverdachts kein Ermittlungsverfahren seitens der Staatsanwaltschaft eingeleitet werden. Der hinreichende Tatverdacht ist wiederum für die Erhebung einer Anklage erforderlich. Manche Maßnahmen im Rahmen eines Strafprozesses setzen einen dringenden Tatverdacht voraus, wie etwa der Erlass eines Haftbefehls. Doch was bedeuten diese Begriffe überhaupt? Wann liegt denn ein Anfangsverdacht, hinreichender und dringender Tatverdacht vor?

Was bedeutet Anfangsverdacht?

Nach § 152 Abs. 2 Strafprozessordnung (StPO) ist die Staatsanwaltschaft verpflichtet, wegen aller verfolgbaren Straftaten einzuschreiten, sofern zureichende tatsächliche Anhaltspunkte vorliegen. Dies bedeutet nichts anderes, als dass ein Anfangsverdacht vorliegen muss. Ist ein solcher gegeben, muss die Staatsanwaltschaft ein Ermittlungsverfahren einleiten.

Ein Anfangsverdacht setzt stets das Vorliegen von konkreten Tatsachen voraus, die es als möglich erscheinen lassen, dass eine verfolgbare Straftat vorliegt. Das zur Last legen einer Straftat darf also nicht auf bloße Vermutungen gestützt werden.

Was bedeutet hinreichender Tatverdacht?

Ein hinreichender Tatverdacht liegt vor, wenn nach Ansicht der Staatsanwaltschaft die Verurteilung eines Beschuldigten mit Wahrscheinlichkeit zu erwarten ist. Davon ist auszugehen, wenn wahrscheinlich genug Beweise vorliegen, die für eine rechtswidrige und schuldhafte Straftat seitens des Beschuldigten sprechen.

Ohne einen derartigen Tatverdacht darf die Staatsanwaltschaft keine Anklage erheben (§ 170 Abs. 1 StPO). Zudem lässt das Gericht die Anklage nur dann zur Hauptverhandlung zu, wenn ein hinreichender Tatverdacht vorliegt (§ 203 StPO).

Was bedeutet dringender Tatverdacht?

Ist die Wahrscheinlichkeit groß, dass der Beschuldigte Täter oder Teilnehmer einer Straftat ist, so liegt ein dringender Tatverdacht vor. Anders als der hinreichende Tatverdacht stellt der dringende Tatverdacht nicht auf die Wahrscheinlichkeit einer Verurteilung, sondern auf die Wahrscheinlichkeit der Tatbegehung durch den Beschuldigten ab. Daher genügt die Möglichkeit der Verurteilung. Dennoch ist der Wahrscheinlichkeitsgrad hier höher als beim hinreichenden Tatverdacht. Zudem darf der Tatverdacht nicht auf bloße Vermutungen beruhen, sondern muss sich aus bestimmten Tatsachen ergeben.

Der dringende Tatverdacht ist Voraussetzung für einige Maßnahmen innerhalb der Strafprozessordnung. So darf zum Beispiel gegen einen Beschuldigten ohne diesen Tatverdacht kein Haftbefehl erlassen werden (§ 112 Abs. 1 StPO). Ebenfalls abhängig von einem dringenden Tatverdacht ist die Unterbringung und Beobachtung eines Beschuldigten in einem psychiatrischen Krankenhaus zur Vorbereitung eines Gutachtens über seinen psychischen Zustand (§ 81 Abs. 2 StPO).

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