Jugend- oder Auszubildendenvertretung28.10.2015

Nach der Ausbildung: Haben JAV-Mitglieder einen Anspruch auf Übernahme?

Wenn junge Menschen eine Ausbildungsstelle gefunden haben, ist der erste Schritt in Richtung Zukunft getan. Während sie in der Zeit ihrer Ausbildung einen besonderen Kündigungsschutz für Lehrlinge genießen, kann das Arbeitsverhältnis jedoch unmittelbar danach enden. Die meisten denken nicht daran, dass sie nach ihrer Lehre nicht übernommen werden könnten, weil viele mittlere und größere Betriebe mehr Auszubildende einstellen, als später Arbeitsplätze zur Verfügung stehen. Ihnen bleibt dann neben Niedriglohnsektor oder Leiharbeit oft nur die Möglichkeit, sich bei der nächstgelegenen Arbeitsagentur arbeitslos zu melden. So ist wenigstens garantiert, dass sie gegebenenfalls schnell Arbeitslosengeld bekommen und keine Lücken im Versicherungsschutz entstehen. Besonders diejenigen, die ein Amt als Mitglied der Jugend- oder Auszubildendenvertretung (JAV) oder des Betriebsrates inne- und deshalb auch Auseinandersetzungen mit dem Arbeitgeber hatten, laufen Gefahr, nicht übernommen zu werden und als Arbeitnehmer im Betrieb bleiben zu können. Genießen Auszubildende gesetzlichen Schutz?

Eigentlich gibt es für viele Branchen tarifvertragliche Regelungen zur Übernahme. Doch existieren so viele Ausnahmeregelungen, dass Unternehmen immer wieder Schlupflöcher finden, um einer Übernahme zu entgehen.
Deshalb sollten sich möglichst viele Auszubildenden für ihre Forderungen bei ver.di organisieren und sich in den Tarifrunden engagieren. Da aber nicht immer Tarifrunden anstehen, ist es die Aufgabe von Jugend- und Auszubildendenvertretungen, kurz JAV genannt, die Übernahme zu thematisieren.

Was ist die JAV?

JAV steht als Abkürzung für die Jugend- und Auszubildendenvertretung. Hier organisieren sich junge Menschen, damit die Ausbildungszeit eine schöne und erfolgreiche Zeit für alle Beteiligten wird.
Wichtig bei dieser Arbeit sind vor allem 3 Gesetze:

1. Das Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG): Hier sind alle wichtigen Punkte zur JAV in den Paragraphen 60 bis 73b geregelt. Beispielsweise ist in §60 BetrVG geregelt, wann die JAV gewählt werden kann.
2. Das Berufsbildungsgesetz (BBiG): Im BBiG stehen alle Informationen zum Thema Berufsausbildung.
3. Das Jugendarbeitsschutzgesetz (JArbSchG): Dieses Gesetz gilt für alle Personen, die das 18. Lebensjahr noch nicht erreicht haben. Geregelt sind hier unter anderem Arbeitszeiten, Ruhepausen, Urlaubszeiten und Ähnliches.

Um festzulegen, wer der Jugend- und Auszubildendenvertretung angehört, werden im regelmäßigen Abstand von zwei Jahren JAV-Wahlen durchgeführt. Die Bedingung dafür ist, dass in einem Betrieb 5 oder mehr Arbeitnehmer unter 18 oder Auszubildende unter 25 beschäftigt sind. Die wichtigsten Ansprechpartner sind der Betriebsrat (BR) oder der Personalrat (PR), denn nur diese Gremien können einen Wahlvorstand einberufen.
Bei der Wahl müssen alle Beteiligten auf die Gesetzesgrundlage achten, denn es gibt unterschiedliche Bestimmungen für die Privatwirtschaft und den öffentlichen Dienst.
In der Privatwirtschaft sind alle jugendlichen Beschäftigen unter 18 Jahren und alle Auszubildenden unter 25 Jahren. Voraussetzung ist, dass bereits ein Betriebsrat existiert und mindestens 5 Wahlberechtigte dort beschäftigt sind. Außer Mitgliedern des Betriebsrates dürfen grundsätzlich alle unter 25 Jahren gewählt werden, ein Kandidat benötigt jedoch mindestens 5 Prozent Unterstützung aus dem Kreis der Wahlberechtigten. Die Wahl findet stets im Oktober und November entweder im normalen oder vereinfachten Verfahren statt. Beide unterscheiden sich vor allem durch ihre unterschiedlichen Fristenregelungen. Ein Wahlvorstand, der durch den Betriebsrat bestellt wird und in der Regel 3 Mitglieder umfasst, führt die Wahl durch. Gewählt wird entweder nach dem Prinzip der Listenwahl, bei dem jeder Wahlberechtigte nur eine Stimme hat, die er einer der Listen geben kann, oder dem Prinzip der Personalwahl, bei dem jeder Wahlberechtigte so viele Stimmen hat, wie JAV-Mitglieder zu wählen sind. Ist die Wahl erfolgt, erstellt der Wahlvorstand die Wahlniederschrift.
Im öffentlichen Dienst verhält es sich ähnlich, allerdings dürfen sich hier alle Beschäftigten unter 26 zur Wahl aufstellen lassen, auch diejenigen, die schon ausgelernt haben. Die Wahlkandidaten müssen jedoch neben den 5 Prozent Unterstützung nachweisen, dass sie seit mindestens 6 Monaten dem Geschäftsbereich der obersten Dienstbehörde angehören. Der Zeitraum liegt hier zwischen dem 01. März und dem 31. Mai. Der Wahlvorstand, der die Wahl durchführt, wird in diesem Fall vom Personalrat bestellt, hat jedoch in der Regel auch drei Mitglieder und ist am Ende dazu verpflichtet, eine Wahlniederschrift zu erstellen.

Rechte und Pflichten

Wenn ein Kandidat in die Jugend- und Auszubildendenvertretung gewählt wurde, hat er von diesem Zeitpunkt an gewissen Rechte, aber auch Pflichten, die er erfüllen muss.
Zum einen haben Mitglieder der JAV das Recht auf Schulungsansprüche. Es gibt spezielle Seminare, in denen die jungen Menschen beispielsweise Rhetorik und Diskussionsstrategien erlernen können. In der JAV kann man allerdings nur beschließen, dass Schulungen nötig sind, gegenüber dem Arbeitgeber wird dies aber nur wirksam, wenn der Betriebsrat dem zustimmt. Die Fragen wer, wann, wo und ob das Seminar überhaupt erforderlich ist, können also nur der Betriebsrat festlegen.

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Wichtig sind die JAV Versammlungen also, um die aktuelle Lage zu besprechen, zu diskutieren und um erste Ideen für Beschlussvorschläge zu sammeln. Diese Versammlungen sind aber keine Pflicht.
Ebenso wenig Pflicht, aber sinnvoll ist die Einrichtung von regelmäßig stattfindenden Sprechstunden, die den jugendlichen Beschäftigten und Auszubildenden die Möglichkeit bieten, mit ihrer JAV in Kontakt zu treten. Allerdings ist dies nur möglich, wenn in einem Betrieb mehr als 50 zur Wahl berechtigte junge Arbeitnehmer beschäftigt.
Wenn in einem Unternehmen auf betrieblicher Ebene mehrere Jugend- und Auszubildendenvertretungen bestehen, dann haben die einzelnen Vertretungen die Pflicht, eine Gesamt-JAV zu gründen.

Übernahmeanspruch

Allgemein haben junge Beschäftigte und Auszubildende kaum gesetzliche Grundlagen, wenn es um eine Übernahme nach ihrer Ausbildung geht.
Anders verhält es sich mit Mitgliedern der JAV, die durch ihr engagiertes Auftreten während der Ausbildung besonders gefährdet sein können, nicht übernommen zu werden. Nachdem dieser Gefahr mit dem Benachteiligungsverbot des §78 nicht wirksam genug begegnet wurde, entschied sich der Gesetzgeber, einen Übernahmeanspruch von JAV-Mitgliedern im Betriebsverfassungsgesetz festzulegen. Darüber informiert ein Artikel auf poko.de im Detail. Dieser Anspruch ist in §78a BetrVG genau festgelegt und schützt die Mitglieder der JAV, indem er ihnen einen gesetzlichen Anspruch auf Übernahme in ein unbefristetes Arbeitsverhältnis gibt. Die Übernahme muss aber ausdrücklich, beispielsweise durch das Stellen eines Antrages verlangt werden.
Mit dieser gesetzlichen Regelung soll es den Mitgliedern von Betriebsverfassungsorganen ermöglicht werden, ihr Amt ohne Furcht vor Nachteilen für ihre zukünftige berufliche Entwicklung auszuüben. Außerdem wird so sichergestellt, dass die Arbeit in der Jugend- und Auszubildendenvertretung und auch im Betriebsrat unabhängig fortbestehen kann.

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