Begnadigung: Können Straftäter begnadigt werden?
Unter Begnadigung ist die Aufhebung von Wirkungen der rechtskräftigen Entscheidungen der Straf- und Disziplinargerichte durch eine Verfügung der Staatsgewalt zu verstehen. Können Straftäter in Deutschland in den Genuss einer Begnadigung kommen?
Können Straftäter begnadigt werden?
Straftäter können in Deutschland unter bestimmten Umständen begnadigt werden, wenn sie rechtskräftig verurteilt wurden. Eine Begnadigung vor oder während eines Strafverfahrens ist somit nicht möglich. Durch die Begnadigung wird die Strafe gemildert oder aufgehoben. Die Gnadenentscheidung kann dabei nicht nur ein Strafverfahren betreffen, sondern auch Ordnungswidrigkeitenverfahren, berufsgerichtliche Verfahren und Ordnungsmittel. Durch die Begnadigung wird nicht der Schuldspruch aufgehoben. Die begnadigte Person bleibt daher weiterhin schuldig.
Wem steht das Begnadigungsrecht zu?
Wem das Begnadigungsrecht zusteht, richtet sich danach, ob der Straftäter erstinstanzlich auf Landesebene oder auf Bundesebene verurteilt wurde (vgl. § 452 der Strafprozessordnung).
Bundesebene
Auf Bundesebene ist der Bundespräsident gemäß Art. 60 Abs. 2 GG für Begnadigungen zuständig. Er kann das Recht aber gemäß Art. 60 Abs. 3 GG auf andere Behörden übertragen. Seine Entscheidung kann er weitgehend nach freiem politischen Ermessen ausüben.
Auf Bundesebene ist zwar einzig der Bundesgerichtshof für Strafsachen zuständig. Jedoch trifft er zurzeit keine erstinstanzlichen Entscheidungen. Insofern gäbe es eigentlich keine Zuständigkeit des Bundespräsidenten. Jedoch nehmen nach § 120 Abs. 6 des Gerichtsverfassungsgesetzes (GVG) die Oberlandesgerichte als Ländergerichte insoweit Gerichtsbarkeit des Bundes wahr, als für die Verfolgung die Zuständigkeit des Bundes nach § 142a GVG begründet ist, das heißt der Generalbundesanwalt die Anklage erhoben hat. Dies betrifft Strafverfahren zum Beispiel wegen Völkermords und Kriegsverbrechen sowie Staatsschutzverfahren (siehe Art. 96 Abs. 5 GG).
Landesebene
Liegt eine erstinstanzliche Verurteilung durch ein Bundesgericht bzw. ein Oberlandesgericht, welches die Gerichtsbarkeit des Bundes wahrnimmt, nicht vor, entscheiden die Länder über die Begnadigung von Straftätern. Zuständig ist je nach Landesverfassung der Ministerpräsident oder die Landesregierung. In der Regel ist das Begnadigungsrecht jedoch dem Justizministerium bzw. nachgeordneten Behörden übertragen.
Können Gnadenentscheidungen gerichtlich angefochten werden?
Gnadenentscheidungen können nach Auffassung des Bundesverfassungsgerichts gerichtlich nicht angefochten werden und zwar unabhängig davon, ob die ablehnend oder stattgebend ausfallen. Für Gnadenentscheidungen gelte die Rechtsweggarantie aus Art. 19 Abs. 4 GG nicht. Dies ergebe sich aus den Besonderheiten der Begnadigung (Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 26.04.1969, Az. 2 BvR 552/63). Einzig der Widerruf einer Begnadigung könne gerichtlich angegriffen werden (Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 12.01.1971, Az. 2 BvR 520/70).