Negativzinsen16.08.2021

Darf meine Bank Strafzinsen oder Negativzinsen erheben?Wie kann man sich als Kunde gegen Negativzinsen wehren?

Kosten und Konditionen für Bankkonten sind grundsätzlich frei verhandelbar. Welche Kontoführungsgebühren eine Bank ihren Kunden in Rechnung stellt, ob und in welcher Höhe Zinsen für Guthaben auf Konten sowie Bankdarlehen berechnet werden, können Banken weitgehend frei mit ihren Kunden vereinbaren. Dies gilt auch für Strafzinsen bzw. Negativzinsen für Kontoguthaben, wie sie in Zeiten europaweiter Niedrigzinspolitik und Negativzinsen mehr und mehr in Mode kommen.

Um Bankguthaben mit Strafzinsen oder Negativzinsen zu belegen, bedarf es allerdings zunächst einer wirksamen Vereinbarung zwischen Bank und Kunde (Kontoinhaber). Bei Neuverträgen ist dies in der Regel unproblematisch, da der Kunde die Vertragsbedingungen der Bank einschließlich der Bestimmungen über Strafzinsen auf Kontoguthaben zur Unterschrift vorgelegt bekommt.

Wird Preiserhöhung durch Information über Erhöhung wirksam?

Schwieriger wird es hingegen, wenn die Bank Gebühren und Strafzinsen bei bereits bestehenden Konten einführen oder erhöhen oder, wie es im üblichen Werbejargon heißt, „anpassen“ möchte. Da die meisten Bankkunden ihre Konten über Jahre und Jahrzehnte bei einer Bank behalten, besteht im Laufe der Zeit immer wieder der Bedarf der Bank, die Vertragsbedingungen zu ändern. Preise ändern sich mit der Zeit nun einmal, und dass Banken ihre Gebühren über die Jahre erhöhen, ist inhaltlich sicher nicht zu beanstanden. Jedoch bedarf es streng genommen für Vertragsanpassungen nun einmal der Zustimmung des Vertragspartners. Einseitige Preiserhöhungen ohne ausdrückliche oder stillschweigende Zustimmung des Kunden sind rechtlich problematisch.

Nichtsdestotrotz sind Banken in der Vergangenheit genau so vorgegangen: Sie haben ihre Gebühren regelmäßig erhöht und ihre Kunden über die neuen bzw. erhöhten Preise lediglich informiert. In den Informationen haben sie auf die geänderten AGBs und Gebührentabellen hingewiesen und das Schweigen ihrer Kunden auf diese Information als Zustimmung zu den Preiserhöhungen gewertet. Selbst bei der erstmaligen Einführung von Strafzinsen oder Negativzinsen bei vielen Banken im Zuge der langjährigen Niedrigzinspolitik der Europäischen Zentralbank sind die Banken auf diese Weise vorgegangen und haben das Schweigen ihrer Kunden auf die Information über die Zinsänderung als Zustimmung dazu behandelt.

Bundesgerichtshof: Schweigen der Kunden auf neue Preisinformation ist keine Zustimmung

Dem hat der Bundesgerichtshof nun einen Riegel vorgeschoben. Der Bundesgerichtshof, Urteil vom 27.04.2021, Az. XI ZR 26/20  hat entschieden, dass Klauseln der Banken in ihren Allgemeinen Geschäftsbedingungen, wonach Änderungen von Entgelten für Bankleistungen, die den Kunden in Textform „angeboten“ werden, wirksam werden sollen, sofern der Kunde vor Inkrafttreten der Preiserhöhung nicht seine Ablehnung der Änderung der Bank gegenüber anzeigt, gegenüber Verbrauchern unwirksam sind.

Kunden können zu viel gezahlte Kontoführungsgebühren und Negativzinsen zurückverlangen

Das heißt, dass Kunden, die von entsprechenden Preiserhöhungen und Negativzinsen in der Vergangenheit betroffen waren, ohne diesen ausdrücklich zugestimmt zu haben, unter Umständen die zu viel gezahlten Beträge von ihren Banken zurückverlangen können.

Banken können Preise erhöhen – müssen aber Zustimmung der Bankkunden einholen

Wohlgemerkt hat der Bundesgerichtshof jedoch nicht die Möglichkeit der Banken beanstandet, Preise zu erhöhen. Das Gericht hat lediglich klargestellt, dass es für solche Schritte einer vertraglichen Vereinbarung bedarf. Der Kunde muss Preiserhöhungen zustimmen. Sich auf die Information der Bank über eine Preiserhöhung nicht zu äußern, kann nicht als Zustimmung gewertet werden.

Für die Zukunft werden Banken deshalb stets die ausdrückliche Zustimmung ihrer Kunden zu Preiserhöhungen einholen. An dem Umstand steigender Gebühren und der zunehmenden Einführung von Negativzinsen wird sich also nichts ändern. Die Preiserhöhungen werden lediglich mit einem höheren Verwaltungsaufwand einhergehen.

Auch Banken können Bankkonten einseitig kündigen

Kunden, die ihre Zustimmung zu den höheren Preisen verweigern oder nicht reagieren, kann schließlich gekündigt werden. Denn auch am Kündigungsrecht der Banken ändert das Urteil des Bundesgerichtshofs nichts. Langfristig sitzen die Banken demnach weiterhin am längeren Hebel. Kunden, die der nachträglichen Zustimmung zu den Preiserhöhungen der Vergangenheit, um die viele Banken in den letzten Wochen bereits gebeten haben, um der Rückforderung von ursprünglich zu viel gezahlten Bankgebühren zu entgehen, wurde bereits von einigen Banken die Kündigung ihres Kontos angedroht.

Negativzinsen zusätzlich zu Kontoführungsgebühren möglicherweise unzulässig

Hinsichtlich Strafzinsen bzw. Negativzinsen wird darüber hinaus diskutiert, ob diese überhaupt rechtlich zulässig sein sollen. Gemäß Urteil des Landgerichts Tübingen vom 25.05.2018 sollen Negativzinsen zumindest bei Girokonten von Verbrauchern nicht erlaubt sein, wenn diese bereits Kontoführungsgebühren an die Bank bezahlen müssen. Denn dies wäre eine doppelte Zahlungspflicht für die gleiche Leistung und würde damit eine unangemessene Benachteiligung der Verbraucher darstellen. Ob sich die Zivilgerichtsrechtsprechung diesem Urteil des Landgerichts Tübingen jedoch anschließen wird, ist keineswegs ausgemacht. Betroffene Verbraucher, die sich nicht auf die Rechtsprechung verlassen wollen, können ihrerseits von ihren Kündigungsrechten Gebrauch machen und sich eine Bank mit besseren Konditionen suchen – so sie denn eine solche finden.

Quelle:refrago/we
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