Erbrecht25.08.2022

Was ist ein Pflichtteil?Wie hoch ist der Pflichtteil trotz Testament?

Der Begriff des Pflichtteils spielt im Zusammenhang mit dem Erbrecht eine Rolle. Was dieser bedeutet, soll hier geklärt werden.

Der sogenannte Pflichtteil bestimmt Ansprüche auf einen Teil der Erbschaft, die von der im Testament festgelegten Erbfolge abweichen.

Was ist ein Pflichtteil?

Durch den Pflichtteil soll gewährleistet werden, dass nahe Angehörige eine Mindestbeteiligung an dem Nachlass des Erblassers erhalten, obwohl sie vom Erblasser von der gesetzlichen Erbfolge ausgeschlossen wurden. Durch das Pflichtteilsrecht wird daher die Testierfreiheit des Erblassers eingeschränkt. Geregelt ist der Pflichtteilsanspruch naher Angehöriger in § 2303 Abs. 1 BGB. Danach steht neben den Abkömmlingen auch den Eltern und dem Ehegatten (§ 2303 Abs. 2 BGB) sowie dem Lebenspartner (§ 10 Abs. 6 LPartG) ein Pflichtteil am Nachlass zu. Geltend gemacht wird der Anspruch gegenüber dem oder die Erben des Erblassers.
Das Bundesverfassungsgericht hat im Jahr 2005 entschieden, dass die Regelungen zum Pflichtteil mit dem Grundgesetz vereinbar sind. Denn die Mindestbeteiligung gewährleiste die Erbrechtsgarantie des Art. 14 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 6 Abs. 1 GG (Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 19.04.2005, Az. 1 BvR 1644/04 und 1 BvR 188/03).

Wie hoch ist der Pflichtteil?

Dem Pflichtteilsberechtigten steht ein Pflichtteil in Höhe der Hälfte seines gesetzlich zustehenden Erbteils zu. Dazu ein Beispiel:
Der Erblasser hinterlässt zwei Söhne. Beide würden nach der gesetzlichen Erbfolge je zur Hälfte erben. Der Erblasser hat einen Sohn jedoch durch Testament von der gesetzlichen Erbfolge ausgeschlossen. Ihm steht daher nur ein Pflichtteil in Höhe der Hälfte seines gesetzlich zustehenden Erbteils zu. Gesetzlich zustehen würde ihm die Hälfte des Nachlasses. Davon die Hälfte ergibt ein Viertel. Er erhält also ein Viertel des Nachlasses als Pflichtteil.
Bei der Berechnung des Pflichtteils wird das gesamte Vermögen des Erblassers berücksichtigt (§ 2311 BGB). Lediglich bestehende Verbindlichkeiten werden abgezogen.
Ebenso abgezogen werden Zuwendungen des Erblassers an den Pflichtteilsberechtigten, soweit diese zu Lebzeiten und mit der ausdrücklichen Bestimmung erfolgten, dass die Zuwendungen auf den Pflichtteil angerechnet werden sollen (§ 2315 BGB). Zu beachten ist, dass eine Anrechnungsbestimmung im Testament sowie eine nachträgliche Anrechnungsbestimmung unbeachtlich sind. Das bedeutet, dass die Anrechnungsbestimmung vor oder gleichzeitig mit der Zuwendung gegenüber dem Pflichtteilsberechtigten erklärt werden muss (vgl. Oberlandesgericht Koblenz, Urteil vom 21.11.2005, Az. 12 U 1151/04).

Welchen Inhalt hat das Pflichtteilsrecht?

Dem Pflichtteilsberechtigten steht nur ein Anspruch auf Auszahlung eines Geldbetrags zu. Er kann also nicht bestimmte Gegenstände aus dem Nachlass fordern. Dies gilt selbst dann, wenn der Erbe mit einem solchen Vorgehen einverstanden wäre. Zudem wird der Pflichtteilsberechtigte nicht Erbe des Erblassers. Von der Rechtsnachfolge bleibt er weiterhin ausgeschlossen.

Steht dem Erbe oder Vermächtnisnehmer auch ein Pflichtteilsanspruch zu?

Grundsätzlich steht nur demjenigen ein Pflichtteilsanspruch zu, der von der gesetzlichen Erbfolge ausgeschlossen wurde. Eine Ausnahme besteht jedoch dann, wenn der Erbteil kleiner als der Pflichtteil ist. In einem solchen Fall steht selbst einem Erben ein Anspruch auf ein Pflichtteil in Höhe des fehlenden Teils zu (§ 2305 BGB).
Zudem kann der Erbe seinen Pflichtteilsanspruch geltend machen, wenn er durch die Einsetzung eines Nacherben, die Ernennung eines Testamentsvollstreckers oder eine Teilungsanordnung in seinem Erbe beschränkt sowie mit einem Vermächtnis oder einer Auflage beschwert ist. Voraussetzung für eine Geltendmachung des Pflichtteils ist aber, dass er sein Erbe ausschlägt (§ 2306 BGB).
Ist der Pflichtteilsberechtigte zwar von der gesetzlichen Erbfolge ausgeschlossen, erhält er aber ein Vermächtnis, so kann er entweder das Vermächtnis ausschlagen und sein Pflichtteilsrecht geltend machen oder er nimmt das Vermächtnis an und muss sich dessen Wert auf sein Pflichtteil anrechnen (§ 2307 BGB).

Quelle:refrago
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