Eigenbedarfskündigung28.02.2022

Kündigung wegen Eigenbedarf: Wann darf der Vermieter wegen Eigenbedarf kündigen?Wohnung muss benötigt werden

Die Kündigung wegen Eigenbedarfs ist die häufigste Begründung für die Kündigung eines Mietverhältnisses. Wann Eigenbedarf vorliegt und welche Rechte und Pflichten die Mieter und Vermieter haben, erläutern ARAG und kostenlose-urteile.de in dieser Rechtsfrage.

Der Vermieter kann gemäß § 573 Absatz 2 Nr. 2 BGB (Bürgerliches Gesetzbuch) Eigenbedarf geltend machen, wenn er seine Wohnung für sich selbst, für seine Familienangehörigen oder Angehörige seines Haushalts benötigt. Als Familienangehörige im Sinne des Gesetzes gelten

  • Großeltern, Eltern, Kinder, Enkel
  • Geschwister
  • Ehepartner
  • Schwiegereltern
  • Weiter entfernte Verwandte wie z.B. Onkel, Tanten, Nichten, Neffen, sofern eine enge soziale Bindung zu diesen besteht

Ausnahmsweise ist eine Eigenbedarfskündigung auch für Personen möglich, die nicht mit dem Vermieter verwandt sind. Dazu gehören zum Beispiel Ehegatten, der nichteheliche Lebenspartner oder Haushalts- und Pflegepersonal.

Wohnung muss benötigt werden

Die Räume müssen tatsächlich benötigt werden. Der Vermieter muss vernünftige und nachvollziehbare Gründe darlegen, um den Eigenbedarf zu rechtfertigen. Er muss erläutern, wer einziehen möchte und warum gerade zum Kündigungszeitpunkt. Die Wohnung muss dabei nicht unbedingt zu Wohnzwecken benötigt werden. Eine Eigenbedarfskündigung, um die Wohnung anschließend für eine berufliche Tätigkeit zu nutzen, ist ebenfalls zulässig (vgl. Bundesgerichtshof, Urteil vom 26.09.2012, Az. VIII ZR 330/11).

Beispiele für die Benötigung der Wohnung

Die Wohnung darf nicht nur vorübergehend benötigt werden. Allerdings ist auch nicht die Begründung des Hauptwohnsitzes am Wohnort erforderlich. Ein Vermieter kann z.B. auch dann wegen Eigenbedarfs kündigen, wenn er die Wohnung als Zweitwohnung benötigt. In einem Fall begründete ein Vermieter die Kündigung damit, dass er nur so seine aus einer früheren Beziehung stammende Tochter in einer familiären bzw. häuslichen Atmosphäre empfangen könne (Landgericht Berlin, Urteil vom 22.08.2013, Az. 67 S 121/12).

Der Bundesgerichtshof hat in einem Fall eine Eigenbedarfskündigung bestätigt, bei der der im Ausland lebende Vermieter die Wohnung benötigte, um dort etwa zwei Mal im Jahr mit seiner Familie ein bis zwei Wochen zu wohnen, insbesondere zwecks Familientreffen (Bundesgerichtshof, Urteil vom 21.08.2018, Az. VIII ZR 187/17).

Eine Kündigung wegen Eigenbedarfs ist auch möglich, wenn sie zum Zwecke des Getrenntlebens von Eheleuten dient (Landgericht Heidelberg, Urteil vom 14.12.2012, Az. 5 S 42/12).

Eigenbedarfskündigung für Pflegekraft

Eine Eigenbedarfskündigung kommt ferner für Pflegekräfte in Betracht, sofern diese in den Haushalft des zu pflegenden Vermieters aufgenommen wird. Viele Gerichte lassen es ausreichen, dass die Wohnung für die Pflegekraft im gleichen Haus wie die Wohnung des Pflegefalls liegt. Das Amtsgericht Stuttgart hat dazu entschieden, dass die Pflegekraft in der Kündigung nicht namentlich benannt werden muss. Der Vermieter muss die Pflegeperson nicht in der eigenen Wohnung aufnehmen, auch wenn ausreichend Platz dafür vorhanden ist (Amtsgericht Stuttgart, Urteil vom 18.09.2020, Az. 13 S 125/20).

Voraussetzung für die Eigenbedarfskündigung ist allerdings, dass die Pflegekraft keine separate Wohnung hat und einen eigenen Haushalt führt. Sie muss vielmehr Haushaltsangehörige des Vermieters sein.

Eigenbedarf von Unternehmen bzw. juristischen Personen

Ist der Vermieter eine GbR (Gesellschaft bürgerlichen Rechts), so kann eine Eigenbedarfskündigung zugunsten eines Gesellschafters oder eines Angehörigen eines Gesellschafters ausgesprochen werden.

Juristische Personen wie GmbH, AG oder OHG können keinen Eigenbedarf anmelden, da dieser nur für natürliche Personen gedacht ist

Missbrauchsverbot

Die wichtigste Grenze für die Kündigung wegen Eigenbedarfs ist das Missbrauchsverbot. So ist es missbräuchlich, wenn der Vermieter eine Kündigung ausspricht, obwohl er eine andere gleich geeignete Wohnung zur freien Verfügung hat. Alternativ kann er diese Wohnung dem Mieter zum Tausch anbieten. Grundsätzlich ist der Vermieter aber nicht zum Anbieten von Alternativwohnungen verpflichtet. Ebenfalls ist es missbräuchlich, einem Mieter zu kündigen, obwohl die Wohnung für den Vermieter völlig ungeeignet ist, weil sie beispielsweise unangemessen groß ist (5-Zimmer-Wohnung für Student/in). Ebenfalls unwirksam wäre eine Kündigung, soweit die Wohnung nur vorübergehend benötigt wird oder der Eigenbedarf schon bei Abschluss des Mietvertrages vorlag, aber verschwiegen wurde. Wenn der Eigenbedarf noch im Laufe der Kündigungsfrist wegfällt, ist die Kündigung ebenfalls unwirksam.

Eigentumswohnung und Zweifamilienhäuser

Während im Normalfall bei Eigenbedarf die üblichen Kündigungsfristen Anwendung finden (drei, sechs oder neun Monate, je nach Dauer des Mietverhältnisses), gelten besondere Kündigungsfristen, wenn die vermietete Wohnung nach Begründung des Mietverhältnisses in eine Eigentumswohnung umgewandelt wurde. Hier beträgt die Kündigungsfrist mindestens drei Jahre. Wohnt der Mieter im selben Haus und handelt es sich dabei um ein Haus mit nicht mehr als zwei Wohnungen, so ist die Kündigung leichter möglich. Der Vermieter muss sich nicht auf Eigenbedarf stützen. Dem Mieter kann ohne berechtigtes Interesse gekündigt werden. Die Kündigungsfrist verlängert sich allerdings um drei Monate.

Möglichkeiten der Mieter

Falls der Umzug eine besondere Härte darstellen würde, sollte schriftlich Widerspruch gegen die Kündigung eingelegt werden. Der Widerspruch muss bis zwei Monate vor dem Kündigungstermin erfolgen. Als besondere Härtegründe kommen insbesondere

  • fehlender Ersatzraum,
  • hohes Alter, Krankheit, Behinderung oder
  • eine Schwangerschaft in Betracht.

Das Amtsgericht Dieburg gab einer 83-jährigen Mieterin Recht, die einer Eigenbedarfskündigung angesichts ihres hohen Alters widersprochen hatte (Amtsgericht Dieburg, Urteil vom 23.04.2012, Az. 20 C 29/12 (23)). Dagegen sah das Landgericht Frankfurt am Main die Kündigung gegenüber einem 84-jährigen Mieter als zulässig an (Landgericht Frankfurt am Main, Urteil vom 23.08.2011, Az. 2-11 S 110/11).

Schadensersatz bei vorgetäuschtem Eigenbedarf

Wenn der Vermieter den Eigenbedarf nur vortäuscht und der Mieter auszieht, hat er Anspruch auf Schadensersatz. Der Vermieter muss dann alle Mehrkosten tragen, die dem Mieter durch den Umzug entstanden sind. Denkbar ist auch, dass der Mieter seinen Wiedereinzug durchsetzen kann, zumindest dann, wenn noch kein anderer Mieter eingezogen ist. Der Mieter muss beweisen, dass der Eigenbedarf nur vorgetäuscht war.

Einigung und Aufhebungsvertrag

Sinnvoll kann es sein, wenn sich Mieter und Vermieter einigen und einen Aufhebungsvertrag schließen. Denkbar ist, dass der Vermieter Umzugskosten übernimmt sowie eine Abfindung zahlt. Ein Rechtsstreit und Unsicherheit bezüglich der Wohnungssituation lässt sich so vermeiden. Solche Verträge sollten aber niemals voreilig und nur nach sorgfältiger Prüfung unterzeichnet werden.

Formelles bei der Kündigung wegen Eigenbedarfs: Ein Streitfall

Die Mieterin einer Einzimmerwohnung erhielt eine Kündigung wegen Eigenbedarfs. In dem Kündigungsschreiben wurde mitgeteilt, dass die Vermieterin nach Beendigung eines Auslandsstudienjahrs ihr Studium in München fortsetzen und einen eigenen Hausstand begründen wolle. Eine Rückkehr in das ehemalige Kinderzimmer in der elterlichen Wohnung sei nicht möglich. In der ersten Instanz wurde entschieden, dass die Kündigung formell unwirksam sei, da die Gründe nicht ausreichend dargelegt seien. Hiergegen richtet sich die Revision der Kläger vor dem Bundesgerichtshof (BGH). Der BGH entschied ausdrücklich, dass es ausreichend ist, wenn das Kündigungsschreiben den Kündigungsgrund so bezeichnet, dass er identifiziert und von anderen Gründen unterschieden werden kann. Die im konkreten Fall vorgebrachten Gründe genügten diesen Anforderungen (Bundesgerichtshof, Urteil vom 06.07.2011, Az. VIII ZR 317/10).

Diese Rechtsfrage wurde aktualisiert. Antworten auf aktuelle Rechtsfragen finden Sie bei www.refrago.de (REchtsFRAGenOnline).

Quelle:refrago/ARAG/pt/we
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