Bewährung25.02.2022

Wann wird eine Freiheitsstrafe zur Bewährung ausgesetzt?Es kommt auf eine Gesamtwürdigung unter Berücksichtigung bestimmter Punkte an

Im Rahmen eines Strafprozesses kann eine Freiheitsstrafe zur Bewährung ausgesetzt werden. Das bedeutet für den Verurteilten, dass er in Freiheit bleibt. Lässt er sich jedoch etwas zuschulden kommen, begeht er also eine weitere Straftat oder verstößt er gegen Bewährungsauflagen, kann die Bewährung widerrufen und die Freiheitsstrafe muss angetreten werden. Doch unter welchen Voraussetzungen kommt eine Bewährung überhaupt in Betracht?

Wann wird eine Freiheitsstrafe zur Bewährung ausgesetzt?

Voraussetzung für eine Bewährung ist zunächst das Vorliegen einer Freiheitsstrafe von maximal zwei Jahren. Zudem muss eine günstige Sozialprognose für den Verurteilten bestehen. Eine solche liegt vor, wenn zu erwarten ist, dass der Verurteilte sich schon die Verurteilung zur Warnung dienen lassen und künftig auch ohne die Einwirkung des Strafvollzugs keine Straftaten mehr begehen wird. Es kommt in diesem Zusammenhang auf eine Gesamtwürdigung unter Berücksichtigung folgender Punkte an (vgl. § 56 Abs. 1 StGB):

  • Persönlichkeit des Verurteilten

  • sein Vorleben

    Im Rahmen des Vorlebens des Verurteilten kommt es insbesondere auf seine Vorstrafen an. Eine Bewährung wird dann nicht in Betracht kommen, wenn der Verurteilte wiederholt dieselben Straftaten begangen hat, die Vorstrafen gewichtig sind oder sie noch nicht lange zurückliegen. Auch ein früherer Bewährungsbruch macht eine Strafaussetzung unwahrscheinlich.

  • Umstände seiner Tat

    Hier spielen die Beweggründe und Tatziele des Verurteilten eine Rolle.

  • sein Verhalten nach der Tat

    Bei diesem Punkt sind zum Beispiel die Aufnahme einer freiwilligen Behandlung, günstige Veränderungen der Lebensverhältnisse oder die Änderung der Persönlichkeit aufgrund eines tragischen Geschehens zu berücksichtigen. Zeigt der Verurteilte Reue oder versucht er den Schaden wieder gut zu machen, begünstigt das ebenfalls eine Bewährung.

  • seine Lebensverhältnisse

    Im Zusammenhang mit seinen Lebensverhältnissen ist beispielsweise zu prüfen, in welchen Familienverhältnissen der Verurteilte lebt und ob er einen Beruf ausübt.

  • zu erwartende Wirkungen durch die Bewährung

    Schließlich ist danach zu fragen, welche Wirkungen die Aussetzung der Freiheitsstrafe auf den Verurteilten haben wird, etwa in beruflicher oder familiärer Sicht.

Eine günstige Sozialprognose ist jedoch nicht stets ausreichend für die Verhängung einer Bewährungsstrafe. Im Einzelnen dazu folgendes:

  • Freiheitsstrafe von unter sechs Monaten

    Bei einer Freiheitsstrafe von unter sechs Monaten genügt für eine Bewährung eine günstige Sozialprognose. Eine kurze Freiheitsstrafe bis 6 Monaten soll grundsätzlich zur Bewährung ausgesetzt werden. Die Freiheitsstrafe soll nur verbüßt werden, wenn die „Verteidigung der Rechtsordnung“ die Vollstreckung „gebietet“ (§ 56 Absatz 3 StGB). Dies ist dann der Fall, wenn aufgrund von schwerwiegenden Besonderheiten des Falls die Bewährung gegen das Rechtsempfinden der Bürger verstoßen würde und das Vertrauen der Bürger in das Rechtssystem erschüttert werden könnte.

  • Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis einem Jahr

    Eine Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis einem Jahr muss zur Bewährung ausgesetzt werden, „wenn zu erwarten ist, dass der Verurteilte sich schon die Verurteilung zur Warnung dienen lassen und künftig auch ohne die Einwirkung des Strafvollzugs keine Straftaten mehr begehen wird“ (§ 56 Absatz 1 Satz 1 StGB). Die Entscheidung über die Strafaussetzung zur Bewährung trifft der Tatrichter, dem auch Strafzumessung insgesamt obliegt. Dieser muss die in der Hauptverhandlung festgestellten entlastenden und belastenden Umstände bewerten und gegeneinander abwägen. Im Hinblick auf die Frage der Strafaussetzung zur Bewährung nimmt das Gericht eine erschöpfende individuelle Gesamtwürdigung aller Tatsachen vor, die Rückschlüsse auf das mutmaßliche künftige Verhalten des Täters zulassen.

  • Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zwei Jahre

    Auch bei Freiheitsstrafen über einem Jahr bis maximal zwei Jahren kommt die Strafaussetzung zur Bewährung in Betracht. Allerdings ist sie an höhere Voraussetzungen gebunden als bei einer Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr. So kann das Gericht die Strafe gemäß § 56 Absatz 2 StGB zur Bewährung aussetzen, „wenn nach der Gesamtwürdigung von Tat und Persönlichkeit des Verurteilten besondere Umstände vorliegen“. Dabei ist „namentlich auch das Bemühen des Verurteilten, den durch die Tat verursachten Schaden wiedergutzumachen, zu berücksichtigen“. Es müssen Milderungsgründungen mit besonderem Gewicht vorliegen (Bsp.: Umfassendes Geständnis eines nichtvorbestraften Täters, lange Untersuchungshaft, Stabilisierung der Lebensverhältnisse).
    Ob die Strafe zur Bewährung ausgesetzt oder nicht ausgesetzt wird, muss das Gericht auch bei einer Freiheitsstrafe über einem Jahr sorgfältig begründen. Dem Bundesgerichtshof zufolge muss das Gericht auch hier eine Legalprognose gemäß § 56 Absatz 1 StGB, d.h. eine Sozialprognose unter Berücksichtigung der Person des Täters, der Tatumstände, des Verhaltens nach der Tag usw., stellen. „Denn nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kann die Frage einer günstigen Prognose auch für die Beurteilung bedeutsam sein, ob Umstände von besonderem Gewicht vorliegen“, aufgrund derer die Strafe zur Bewährung ausgesetzt werden kann (Bundesgerichtshof, Beschluss vom 28.06.2018, Az. 1 StR 171/18).

Erneute Bewährungsstrafe nur in Ausnahmefall

Handelt es sich bei dem Angeklagten um einen Wiederholungstäter, gegen den bereits eine Freiheitsstrafe verhängt wurde, so inzidiert dies eine negative Sozialprognose. Die Vollstreckung der Freiheitsstrafe wird also in der Regel nicht erneut zur Bewährung ausgesetzt. Dem Oberlandesgericht Nürnberg zufolge hat die Bewilligung einer zweiten Bewährungschance „absoluten Ausnahmecharakter“. Zwar muss das Gericht auch in diesem Fall eine Sozialprognose unter Berücksichtigung aller Umstände stellen. Ist der Täter aber bereits „einschlägig oder gewichtig vorbestraft oder Bewährungsversager“ so ist dabei mit besonderer Sorgfalt vorzugehen. Die Aussetzung zur Bewährung bedarf dann einer „besonders eingehenden, auf Tatsachen gestützten und vom Revisionsgericht überprüfbaren Begründung, weshalb im Gegensatz zu der in Fällen dieser Art üblicherweise zu stellenden negativen Prognose dennoch im konkreten vorliegenden Fall der Angeklagte künftig eine insgesamt straffreie Lebensführung erwarten lässt“ (Oberlandesgericht Nürnberg, Urteil vom 12.03.2019, Az. 1 OLG 8 Ss 20/19).

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Quelle:refrago/rb/we
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4 Gedanken zu „Wann wird eine Freiheitsstrafe zur Bewährung ausgesetzt?

  • 21. April 2017 um 13:06 Uhr
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    Die Gefängnisse sind voll mit "nicht deutschen".
    Ich war selber im Gefängnis und der Anteil an deutschen ist sehr gering!

    Antwort
  • 27. April 2015 um 3:54 Uhr
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    Es ist allgemein bekannt, dass ausländische Straftäter, bzw. Migranten, nicht mehr zu Gefängnisstrafen verurteilt werden, weil es sich der Staat nicht mehr leisten kann, die Kosten zu tragen. 1 Gefängnisplatz kostet dem Steuerzahler ca. 120.000 EUR p.a.
    Sogar bei fahrlässiger Tötung, gibt es nur noch Bewährungsstrafen!

    Antwort
    • 29. April 2015 um 9:06 Uhr
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      120.000???
      Gibt es hierzu eine verlassliche Quellenangabe?

      Antwort
      • 29. September 2016 um 21:33 Uhr
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        @Horst Müller
        Als wenn die Justiz die schwedischen Gardinen nur für Deutsche reservieren würde. Bei kleineren Delikten gibt es kein Gefängnis. Das scheint so zu sein. Die Nationalität ist aber grundsätzlich egal.

        Antwort

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