Kann der Versorgungsausgleich wegen grober Unbilligkeit ausgeschlossen sein?
Anlässlich einer Ehescheidung findet grundsätzlich ein Versorgungsausgleich zwischen den Ehepartnern statt. Dieser bezweckt einen Ausgleich zwischen den Rentenansprüchen der Ehegatten. Hintergrund dessen ist der Gedanke, dass beiden Partnern die in der Ehe erlangten Anrechte gleichermaßen zustehen sollen. Doch kann der Versorgungsausgleich wegen einer groben Unbilligkeit ausgeschlossen sein?
Kann der Versorgungsausgleich wegen grober Unbilligkeit ausgeschlossen sein?
Der Versorgungsausgleich kann wegen einer groben Unbilligkeit gemäß § 27 des Versorgungsausgleichgesetzes (VersAusglG) ausnahmsweise ganz oder teilweise ausgeschlossen sein. Der Bundesgerichtshof fordert für den Ausschluss oder die Beschränkung, dass die rein schematische Durchführung des Versorgungsausgleichs unter den besonderen Gegebenheiten des konkreten Falls dem Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, nämlich eine dauerhaft gleichmäßige Teilhabe beider Ehegatten an den in der Ehezeit erworbenen Versorgungsanrechten zu gewährleisten, in unerträglicher Weise widersprechen würde. Die grobe Unbilligkeit müsse sich wegen des Ausnahmecharakters von § 27 VersAusglG im Einzelfall aus einer Gesamtabwägung der wirtschaftlichen, sozialen und persönlichen Verhältnisse beider Ehegatten ergeben (). Zu berücksichtigen ist die Versorgungslage und die Vermögensverhältnisse der Eheleute. Ferner kommt es auf das Alter, die Gesundheit, Ausbildung, berufliche Stellung sowie die Betreuung minderjähriger Kinder oder sonstige Lebensumstände an. Nicht unbeachtet bleibt zudem ein Fehlverhalten der Ehegatten.
Beispiele für den Ausschluss oder die Beschränkung des Versorgungsausgleichs
In folgenden beispielhaften Fällen hat die Rechtsprechung die Durchführung des Versorgungsausgleichs für grob unbillig gehalten:
fehlende eheliche Lebensgemeinschaft aufgrund außergewöhnlich kurzen Zusammenlebens ()
bei einer im Verhältnis zur Ehezeit langen Trennungszeit und einer fehlenden Versorgungsgemeinschaft nach der Trennung ()
Erwerbsunfähigkeit des ausgleichspflichtigen Ehegatten und Möglichkeit des anderen Ehegatten zum Ausbau seiner Rentenansprüche durch weitere Berufstätigkeit ()
Ausgleichsberechtigter verfügt über ausreichendes Einkommen oder Vermögen, durch das seine Altersversorgung uneingeschränkt abgesichert ist und der Ausgleichspflichtige ist auf die von ihm erworbenen Anrechte zur Sicherung seines Unterhalts im Alter oder im Fall der Erwerbsminderung dringend angewiesen ()
Verletzung der Unterhaltspflicht gegenüber Ehegatten und gemeinsamen Kind während Ehezeit ()
illoyales und grob leichtfertiges Unterlassen der Altersversorgung des selbständigen Ehegatten ()
Kündigung eines privaten Rentenversicherungsvertrag in der Absicht, diese Vorsorge dem Versorgungsausgleich zu entziehen ()
Misshandlung des ausgleichspflichtigen Ehegatten ()
langjähriger sexueller Missbrauch der gemeinschaftlichen Töchter ()
vorsätzliches Unterschieben eines nicht vom Ehemann stammenden Kindes ()
Der Versorgungsausgleich kann auch aus anderen Gründen ausgeschlossen sein. Lesen Sie dazu folgende Rechtsfrage: Kann der Versorgungsausgleich ausgeschlossen sein?
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Über den Autor des Artikels:
Der Autor ist Rechtsanwalt in Berlin. Rechtsanwalt Binder ist deutschlandweit im Scheidungsrecht tätig und betreibt mit seiner Kanzlei die Scheidungsinfoseite scheidung.services.