Soziale Medien11.01.2022

Dürfen Eltern Fotos ihrer Kinder in sozialen Medien wie Facebook oder Instagram posten?Auch kleine Kinder haben ein Recht am eigenen Bild

Eltern bzw. die sorgerechtsberechtigten Personen haben grundsätzlich die umfassende Entscheidungsbefugnis für die Belange ihrer Kinder. Sie üben die elterliche Sorge (im Familienrecht noch bis 1979 „elterliche Gewalt“ genannt) über ihre Kinder aus. Die elterliche Sorge umfasst sowohl die Angelegenheiten des täglichen Lebens als auch solche von grundsätzlicher Bedeutung. Allerdings können Eltern selbstverständlich nicht nach Gutdünken über ihre Kinder verfügen, sondern müssen im Rahmen des geltenden Rechts handeln. All ihre Entscheidungen sind am Kindeswohl auszurichten. Wie sieht es nun mit Fotos ihrer Kinder aus? Dürfen Eltern Fotos der Kinder frei verwenden und in sozialen Medien wie Facebook oder auf anderen Profilen veröffentlichen?

Das Internet vergisst nicht: Vor Veröffentlichung an Folgen denken

Bevor Eltern sich den rechtlichen Aspekten der Veröffentlichung von Fotos ihrer Kinder widmen, sollten sie sich die Frage stellen, ob die Veröffentlichung überhaupt wünschenswert ist. Sind die Fotos einmal im Netz, lassen sie sich nicht mehr einfach zurückholen. Bis zu einer etwaigen Löschung in Zukunft kann sie jedermann bzw. jeder, der Zugriff auf das entsprechende Internetprofil hat, ansehen, herunterladen, vervielfältigen, extern speichern und weiterveröffentlichen. Die Eltern und ihr Kind verlieren den exklusiven Zugriff über das von ihnen hochgeladene Foto. Auch sollten sie sich stets vor Augen führen, ob das Kind die Veröffentlichung wollen kann. Will das Kind, dass Bekannte, Freunde, Klassenkameraden, Lehrer und Fremde das betreffende Foto anschauen können?

Von daher verbietet sich bereits aus praktischen Erwägungen die Veröffentlichung jedweder intimer oder kompromittierender Fotos.

Das Recht am eigenen Bild bei Kindern

In rechtlicher Hinsicht ist zu berücksichtigen, dass Fotos, auf denen eine Person abgebildet ist und individuell identifiziert werden kann, das Persönlichkeitsrecht der abgebildeten Person betreffen. Dieses Recht am eigenen Bild ist in § 22 KUG (Kunsturhebergesetz) kodifiziert. Danach dürfen Bildnisse „nur mit Einwilligung des Abgebildeten“ verbreitet werden. Diese Einwilligung können kleine Kinder, die die Bedeutung des Sachverhalts und die Folgen einer Einwilligung gar nicht erfassen können, nicht selbst geben. Ihre Einwilligung wird durch die Einwilligung ihrer Eltern ersetzt.

Bei kleinen Kindern dürfen die Eltern also tatsächlich Fotos ihrer Kinder ins Netz stellen.

Einwilligungsvorbeihalt bei Einsichtsfähigkeit des Kindes

Jedoch verlangt § 22 KUG mit „Einwilligung“ keine rechtsgeschäftliche Erklärung. Wäre dies der Fall, könnten Eltern bis zur Volljährigkeit ihrer Kinder, d.h. erst mit Vollendung des 18. Lebensjahrs, mit dem diese erst voll geschäftsfähig werden, frei über die Veröffentlichung von Fotos, auf denen die Kinder zu sehen sind, entscheiden. Vielmehr stellt § 22 KUG auf die Einsichtsfähigkeit des individuellen Kindes ab. Es ist danach zu fragen, ob das betroffene Kind, um dessen Foto es geht, über die geistige Reife verfügt, die Tragweite der Entscheidung über die Fotoveröffentlichung zu erfassen. Ist das Kind reif genug, selbst zu entscheiden, ob das Foto in den sozialen Medien veröffentlicht werden soll?

Eltern müssen Zustimmung der Kinder ab (in der Regel) 14 Jahren einholen

Das Gesetz benennt keine klaren Altersgrenzen, sondern es kommt auf den individuellen Entwicklungsstand des Kindes an. Jedoch ist klar, dass je älter ein Kind ist und je näher es der Volljährigkeit rückt, desto eher einsichtsfähig sein wird. Ein wichtiger Anknüpfungspunkt sind die Altersgrenzen anderer Lebensbereiche. So sind Kinder ab einem Alter von 10 Jahren anzuhören, wenn sie nach einer anderen Religion als zuvor erzogen werden sollen. Ab dem Alter von 14 Jahren sind Kinder voll religionsmündig, das heißt, dass sie ab diesem Alter selbst entscheiden, ob und welcher Religion sie angehören.

Ab diesem Alter geht der Gesetzgeber demnach davon aus, dass Kinder bzw. Jugendliche so weit entwickelt sind, dass sie die Entscheidung über ihre Religionsangehörigkeit und -Ausübung selbst zu treffen in der Lage sind. In der Regel wird bei Kindern in diesem Alter – also bereits ab etwa 13 oder 14 Jahren – davon auszugehen sein, dass sie auch über die geistige Reife verfügen, die sie in die Lage der Einwilligungsfähigkeit gemäß § 22 KUG versetzt.

Ab diesem Alter also können Eltern nicht mehr alleine über die Veröffentlichung von Fotos ihrer Kinder verfügen, sondern müssen vor Veröffentlichung die Einwilligung ihrer Kinder einholen. Diese haben ein Vetorecht. Sind sie nicht mit der Veröffentlichung einverstanden, so dürfen die Eltern die Fotos auch nicht veröffentlichen.

Dritte Personen müssen Einwilligung von Eltern und Kindern einholen

Dies gilt selbstverständlich auch für dritte Personen (z.B. Freunde, Verwandte, Großeltern, Onkel und Tanten), die Fotos der Kinder veröffentlichen möchten. Diese müssen die Einwilligung der sorgerechtsberechtigten Eltern einholen. Besitzt das Kind die nötige geistige Reife, muss ferner dieses der Fotoveröffentlichung zustimmen.

Volle Selbstbestimmung über eigene Bilder ab Volljährigkeit

Ab 18 Jahren, also mit Erreichen der Volljährigkeit und damit der vollen Geschäftsfähigkeit, ist die Rechtslage ganz klar: Über die Veröffentlichung von Fotos entscheiden alleine die Personen, die darauf abgebildet sind. Eltern, die Fotos ihrer erwachsenen Kinder in sozialen Medien veröffentlichen möchten, müssen stets zuvor deren Zustimmung einholen.

Vorsicht bei Nacktbildern

Bei der Fotoveröffentlichung sollte noch eines bedacht werden: Es ist immer problematisch, wenn Kinder nackt abgebildet werden. Auch wenn es üblich ist, dass ganz kleine Kinder z.B. im Freibad nackt herumlaufen, so sollten Eltern nicht aus den Augen verlieren, dass – unabhängig davon, ob die Verbreitung entsprechender Fotos  als verbotene Pornografie (was regelmäßig nicht der Fall ist) gewertet wird oder aus anderen Gründen strafrechtlich verboten ist – veröffentlichte Nacktbilder ihrer Kinder diese in Zukunft kompromittieren können und ihre Intimsphäre beeinträchtigen; ganz zu schweigen davon, dass niemand seine Kinder dem Risiko aussetzen sollte, dass ihre Fotos in die Hände Pädophiler geraten.

Getrennt lebende Eltern mit gemeinsamen Sorgerecht müssen gemeinsam Veröffentlichung zustimmen

Eltern haben grundsätzlich das gemeinsame Sorgerecht für ihre Kinder. Das bedeutet, dass beide Elternteile gleichermaßen mit der Fotoveröffentlichung einverstanden sein müssen. Dabei macht es keinen Unterschiede, ob die Eltern mit dem Kind als Familie zusammenleben oder getrennt sind, ob sie verheiratet, unverheiratet oder geschieden sind. Beide Elternteile müssen der Veröffentlichung zustimmen.

Dies hat das Oberlandesgericht Düsseldorf in einer Entscheidung vom 07.01.2022 (Az. 1 UF 74/21) betont. Können sich die gemeinsam sorgerechtsberechtigten, aber getrennt voneinander lebenden Eltern nicht einigen, ob ein Foto ihrer Kinder im Internet veröffentlicht werden soll, so kann auf Antrag eines Elternteils das Sorgerecht in dieser Angelegenheit auf einen Elternteil alleine übertragen werden, der diese Frage dann alleine entscheidet.

In dem Verfahren vor dem OLG Düsseldorf hatte die neue Lebensgefährtin des Kindesvaters ein Foto seines Kindes in sozialen Netzwerken zu Werbezwecken für ihr Unternehmen veröffentlicht. Damit war die Kindesmutter nicht einverstanden. Auf ihren Antrag hin übertrug das Familiengericht das Sorgerecht für die außergerichtliche und gerichtliche Auseinandersetzung mit der Lebensgefährtin des Vaters auf die Mutter. Eine solche partikulare Sorgerechtsübertragung befand das Gericht für möglich, da es um eine Angelegenheit von erheblicher Bedeutung für das Kind ging. Denn die Veröffentlichung der Bilder in sozialen Netzwerken wie Facebook und Instagram und auf anderen Internetseiten hätte schwer abzuändernde Auswirkungen auf die Entwicklung des Kindes. Die Weiterverbreitung der Fotos sei kaum zu kontrollieren, und der Personenkreis, der die Bilder sehen könne, unbegrenzt.

Quelle:we
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