Flugverspätung oder Flugannullierung: Fluggesellschaft verweigert Betreuungsleistungen nach EU-FluggastrechteverordnungWas kann man als Flugpassagier tun und gibt es eine offizielle Beschwerdestelle?
Auch wenn es Fluggesellschaften im Streitfall gerne anders darstellen: Bei Flugverspätung oder Annullierung eines Flugs stehen den Passagieren weitgehende Entschädigungsrechte zu. Dies regelt die EU-Fluggastrechteverordnung.
Die Fluggastrechteverordnung gilt für alle Flüge, die in der EU starten. Wenn sich der Sitz der Fluggesellschaft in der EU befindet, gilt die Verordnung zudem auch für Flüge, die in der EU landen.
Passagiere können dann Fluggastrechte geltend machen, wenn sie über eine bestätigte Flugbuchung verfügen und rechtzeitig eingecheckt haben– also mindestens 45 Minuten vor der offiziellen Startzeit, sofern keine andere Check-In-Zeit angegeben ist.
Ob es sich um einen Linien- oder Charterflug handelt, und ob für das Ticket der volle Preis bezahlt wurde oder Rabatte aus Kundenbindungsprogrammen oder ähnliche Vergünstigungen wahrgenommen wurden, spielt für die Ansprüche keine Rolle. Bei Pauschalreisen kommen zusätzlich Reisepreisminderungsansprüche gegen den Reiseveranstalter in Betracht.
Alternativbeförderung oder Reisepreiserstattung
Wird der Flug gestrichen oder dauert die Flugverspätung mehr als fünf Stunden an, so können Passagiere den Flugpreis zurückverlangen oder die frühestmögliche Alternativbeförderung zum Reiseziel verlangen.
Betreuungsleistungen
Ferner haben Fluggäste Anspruch auf Betreuungsleistungen. Bei Flugstrecken bis 1.500 km besteht der Anspruch darauf bereits ab einer Wartezeit von etwa zwei Stunden, bei Mittelstrecken bis 3.500 km ab drei Stunden und bei Langstrecken ab vier Stunden.
Zu den Betreuungsleistungen gehören Getränke und Mahlzeiten, die die Fluggesellschaft stellen muss oder für die sie Gutscheine verteilen kann. Erfolgt dies nicht, können Passagiere sich Getränke und Mahlzeiten selbst kaufen und die Erstattung der Kosten von der Fluggesellschaft verlangen. Dafür muss der Zahlungsbeleg (Quittung) aufbewahrt werden. Außerdem werden nur „angemessene Kosten“ erstattet. Grober Richtwert ist dabei ein Betrag von etwa 20 Euro (je nach Preisen am Flughafen).
Die Fluggesellschaft trägt auch Sorge für eine angemessene Kommunikation der Passagiere und muss zwei Kommunikationsmöglichkeiten nach Wahl der Passagiere bezahlen, wobei Telefon, E-Mail und Fax in Frage kommen.
Kann die Weiterreise erst am nächsten Tag erfolgen, so muss die Airline überdies eine Übernachtung im Hotel sowie den Transfer dorthin und zurück zum Flughafen bezahlen. Organisiert die Fluglinie dies nicht von sich auch, so können auch hier die Passagiere in Vorleistung gehen und die Kosten im Nachhinein ersetzt verlangen. Dabei müssen sie beachten, dass die Fluggesellschaft nur eine angemessene Unterkunft in Reichweite zum Flughafen bezahlen muss.
Ausgleichszahlungen
Ferner muss die Fluggesellschaft Entschädigungsleistungen an die Fluggäste zahlen. Bei Flugannullierung sowie ab einer Verspätung von drei Stunden am Reiseziel steht jedem Passagier (auch Kindern) folgende Ausgleichszahlung zu:
- Flugstrecke bis 1.500 km: 250,00 Euro
- Flugstrecke bis 3.500 km: 400,00 Euro
- Flugstrecke über 3.500 km bei Flügen mit Start- oder Zielflughafen außerhalb der EU: 600,00 Euro
Für Flüge innerhalb der Europäischen Union gibt es maximal eine Entschädigungszahlung von 400,00 Euro. Nur bei Langstreckenflügen mit Ziel oder Start in einem Nicht-EU-Land erhöht sich der Anspruch auf 600 Euro.
Gut für Geschäftsreisende: Die Ausgleichszahlung hat den Zweck, die mit der Verspätung verbundenen persönlichen Unannehmlichkeiten für die Passagiere zu kompensieren. Das heißt, dass auch dann, wenn nicht der Fluggast selbst, sondern sein Arbeitgeber oder jemand anderes das Ticket bezahlt hat, der Passagier die Zahlung für sich persönlich erhält.
Außergewöhnliche Umstände
Bei den Ausgleichszahlungen gibt es für die Fluggesellschaften allerdings ein Schlupfloch: Wenn nämlich die Verspätung oder Annullierung des Flugs auf „außergewöhnlichen Umständen“ beruht, „die sich auch dann nicht hätten vermeiden lassen, wenn alle zumutbaren Maßnahmen ergriffen worden wären“, so braucht kein Ausgleich gezahlt werden. Ob solche Umstände vorliegen, muss die Fluggesellschaft darlegen und beweisen.
Um außergewöhnliche Umstände handelt es sich dann, wenn sie nicht im unternehmerischen Risikobereich der Fluggesellschaft liegen, wie etwa besondere Wetterbedingungen, die den Flug verhindern, Sicherheitsrisiken, Naturkatastrophen oder Streiks.
Wie können Passagiere ihre Ansprüche geltend machen?
Die Rechte aus der Fluggastrechteverordnung müssen Passagiere selbst geltend machen. Zwar sind die Fluggesellschaften dazu verpflichtet, die Fluggäste über ihre Rechte zu informieren. Jedoch erfolgt dies (mit teils abstrusen Begründungen) in vielen Fällen nicht.
Um ihre Rechte wahrzunehmen, können Passagiere das von der EU bereitgestellte und im Internet aufrufbare „EU-Beschwerdeformular“ für Fluggastrechte nutzen und dieses ausgefüllt bei der Fluggesellschaft oder der zuständigen nationalen Aufsichtsstelle (in Deutschland ist dies das Luftfahrt-Bundesamt in Braunschweig) einreichen.
Dies muss innerhalb der allgemeinen Verjährungsfrist von drei Jahren erfolgen.
- Ausgleichszahlungen
- außergewöhnliche Umstände
- Betreuungsleistungen
- Flugannullierung
- Fluggastrechteverordnung
- Flugverspätung
- Reisepreiserstattung
Vorsicht: Man kann seine Beschwerde zwar an das Luftfahrtbundesamt richten, die sind aber nur für die Aufsicht und Bestrafung zuständig. Den eigenen Ausgleichsanspruch muss man schon direkt bei der Fluggesellschaft einfordern. (Außerdem wird das LBA wohl kaum eine Strafe verhängen, wenn man die Fluggesellschaft nie zur Zahlung aufgefordert hat …)
Quelle: https://www.flugrecht.de/news-ampl.php?id=935