Was ist die Vertrauensfrage?
Nach der desaströsen Europawahl für die amtierende Ampel aus SPD, Grüne und FDP wird teils gefordert, dass Bundeskanzler Scholz die Vertrauensfrage stellen soll. Doch um was handelt es sich bei der Vertrauensfrage genau und wie oft haben deutsche Bundeskanzler schon die Vertrauensfrage gestellt?
Das Scheitern einer Vertrauensfrage des Bundeskanzlers ist in Deutschland eine der Möglichkeiten den Deutschen Bundestag aufzulösen und Neuwahlen anzusetzen. In Deutschland kam es bereits fünfmal zu einer Vertrauensfrage. Doch um was handelt es sich bei der Vertrauensfrage?
Was ist die Vertrauensfrage?
Die Vertrauensfrage ist in Art. 68 des Grundgesetzes (GG) geregelt. Durch die Vertrauensfrage kann der Bundeskanzler überprüfen, ob er noch über die Mehrheit der Stimmen im Bundestag verfügt. Er muss dazu einen Antrag stellen. Die Vertrauensfrage muss anschließend innerhalb von 48 Stunden gestellt werden. Zudem kann die Vertrauensfrage mit einem Gesetzesentwurf verbunden werden. Verfehlt der Bundeskanzler die Mehrheit der Stimmen, stehen ihm vier Optionen zur Verfügung:
- Er kann binnen einundzwanzig Tagen den Bundespräsidenten um die Auflösung des Bundestags bitten und somit Neuwahlen einleiten. Zu beachten ist, dass es im pflichtgemäßen Ermessen des Bundespräsidenten steht, den Bundestag aufzulösen. Er ist also nicht dazu gezwungen. Das Recht zur Auflösung erlischt zudem, sobald der Bundestag mit der Mehrheit der Stimmen einen neuen Bundeskanzler wählt.
- Er kann weiterhin im Amt bleiben und versuchen eine Minderheitsregierung oder eine neue Koalition zu bilden.
- Er kann zurücktreten.
- Die Bundesregierung kann den Bundespräsidenten bitten, mit Zustimmung des Bundesrats den Gesetzgebungsnotstand zu erklären (§ 81 GG). Voraussetzung ist aber, dass der Bundestag nicht aufgelöst wurde. Durch den Gesetzgebungsnotstand wird der Bundestag zeitlich befristet entmachtet.
Wann kam es bereits zu Vertrauensfragen?
Datum | Bundeskanzler | Ja-Stimmen in % | Vertrauensfrage gewonnen? | Folge |
---|---|---|---|---|
20. September 1972 | Willy Brandt (SPD) | 47,0 | nein | Auflösung des Bundestags |
5. Februar 1982 | Helmut Schmidt (SPD) | 54,1 | ja | |
17. Dezember 1982 | Helmut Kohl (CDU) | 1,6 | nein | Auflösung des Bundestags |
16. November 2001 | Gerhard Schröder (SPD) | 50,5 | ja | |
1. Juli 2005 | Gerhard Schröder (SPD) | 25,5 | nein | Auflösung des Bundestags |
Warum stellte Helmut Kohl 1982 die Vertrauensfrage?
Als Bundeskanzler Helmut Kohl (CDU) am 17. Dezember 1982 im Bundestag die Vertrauensfrage nach Artikel 68 des Grundgesetzes stellte, tat er das aus Kalkül. Er wollte diese Abstimmung absichtlich verlieren und so den Weg für Neuwahlen frei machen. Sein Vorhaben gelang. Er bekam auch nur 1,5 Ja-Stimmen. Die anschließende Bundestagswahl am 6. März 1983 konnte die CDU/CSU dann auch klar für sich entscheiden.
Siehe auch: Unter welchen Voraussetzungen kommt es zu Neuwahlen für den Deutschen Bundestag?