Ärztebewertungsportale09.04.2015

Was tun gegen negative Bewertungen auf Jameda, Sanego & Co?

Viele Ärzte kennen das digitale Stigma: Auf Ärztebewertungsportalen wie etwa Jameda, DocInsider, Sanego oder Imedo oder auf Portalen wie Yelp wird ihre ärztliche Behandlung plötzlich anonym mit „ungenügend“ oder „mangelhaft“ bewertet. Wann negative Bewertungen tatsächlich zulässig sind und was man als betroffener Arzt gegen eine negative Bewertung unternehmen kann, erklärt die folgende Rechtsfrage.

Bewertungsportale für Ärzte: Damit muss man sich abfinden!

Bewertungsportale für Ärzte sind seit geraumer Zeit ein fester Bestandteil der seit einigen Jahren stark wachsenden Verbraucherbewertungsportale im Internet.

Aus Verbrauchersicht stärken Arztbewertungsportale das Recht des Patienten auf freie Arztwahl, sorgen für – vermeintliche? – Transparenz im Hinblick auf die Qualität ärztlichen Leistungen und für einen für den Patienten positiven Wettbewerb unter Ärzten.

So mancher Arzt hingen möchte sich von Bewertungsportalen überhaupt nicht bewerten lassen und bei negativen Bewertungen anonym bewertender Patienten fühlt er sich schnell an den virtuellen Pranger gestellt.

Doch Ärzte sind heute, insbesondere auch vor dem Hintergrund des Rechtes auf freie Arztwahl, dem Wettbewerb ausgesetzt, zu dem eben auch Bewertungsmöglichkeiten auf öffentlich zugänglichen Quellen, also insbesondere auch auf den Bewertungsportalen des Internets, zählt (vgl. Bundesgerichtshof, Urteil vom 23.09.2014, Az. VI ZR 358/13; OLG Frankfurt, Urteil v. 8.3.2012, Az. 16 U 125/11).

Ein Anspruch auf Unterlassung der Veröffentlichung von Bewertungen besteht nicht, da Patientenbewertungen den im Vergleich der Privatsphäre weniger geschützten Bereich der Soziosphäre eines Arztes betreffen. Eingriffe in diese durch Patientenbewertungen sind regelmäßig vom Recht der Meinungsfreiheit (Art. 5 GG) des Patienten gedeckt.

Anonyme Patientenbewertungen

Die anonyme Nutzung ist dem Internet immanent und ist zum Teil sogar spezialgesetzlich kodiert (§ 12 ff. TMG).

Eine Beschränkung der Meinungsäußerungsfreiheit auf Äußerungen, die etwa einem konkreten Patienten zugeordnet werden können, wäre mit dem Grundrecht der Meinungsfreiheit nicht vereinbar. Die Verpflichtung, sich namentlich zu einer bestimmten Meinung zu bekennen, würde die Gefahr begründen, dass der Einzelne aus Furcht vor Repressalien oder sonstigen negativen Auswirkungen sich dahingehend entscheidet, seine Meinung nicht zu äußern. Dieser Gefahr der Selbstzensur soll durch das Grundrecht auf freie und anonyme Meinungsäußerung entgegengewirkt werden (vgl. Bundesgerichtshof, Urteil vom 23.06.2009, Az. VI ZR 196/08 – spickmich.de).

Ein Arzt muss es also zunächst hinnehmen, das anonym kommentierte Bewertungen auf Bewertungsportalen veröffentlicht werden und ihm so auch ein stückweit die Möglichkeit genommen wird, die Bewertung zu berichtigen oder den Sachverhalt aufzuklären.

Patientenbewertungen: Was ist zulässig, was nicht?

Kein Arzt muss unwahre Tatsachenbehauptungen sowie Schmähkritik hinnehmen, Meinungsäußerungen jedoch schon.

Meinungsäußerungen und Tatsachenbehauptungen grenzen sich durch das Merkmal der Beweisbarkeit ab.

Meinungsäußerungen sind geprägt durch wertende Elemente der Stellungnahme, während Tatsachenbehauptungen einem objektiven Beweis zugänglich sind. Der Unterschied lässt sich wie folgt illustrieren:

Meinungsäußerung:
„Ich fühlte mich von Dr. Meyer schlecht behandelt.“

Tatsachenbehauptung:
„Dr. Meier verschrieb mir ein falsches Medikament.“

Nur die zweite Aussage eines Patienten lässt sich objektiv, z.B. über ein Sachverständigengutachten, be- oder widerlegen.

Eine „gefühlt schlechte Behandlung“ hingegen ist einem Beweis nicht zugänglich und von der Meinungsfreiheit des Patienten umfasst.

Nach ständiger Rechtsprechung ist die Schwelle zur rechtwidrigen Schmähkritik – also einer besonders negativen Meinungsäußerung-, bei in der es nicht mehr um die Auseinandersetzung in der Sache, sondern bei der die bloße Diffamierung der Person im Vordergrund steht, sehr hoch. So ist auch eine überzogene, ungerechte, ausfällige oder gar polemisierende Kritik für sich genommen noch nicht zwingend als unzulässige Schmähung anzusehen (vgl. BVerfG, Beschl. v. 26.6.1990, Az. 1 BvR 1165/89, BVerfGE 82, 272, 284).

Wer muss was beweisen?

Sofern sich ein Arzt gegen eine übliche Nachrede (§ 186 StGB) d.h. gegen die Verbreitung von unwahren (herabsetzenden) Tatsachenbehauptungen wehren möchte, trifft grundsätzlich den Patienten die Beweislast für die Wahrheit der Tatsache.

Das Bewertungsportal ist als Mitstörer aber auch dann zur Unterlassung der Verbreitung einer unwahren Tatsachenbehauptung verpflichtet, sofern der Beweis der Wahrheit der Tatsachenbehauptung durch einen Patienten nicht erbracht wird (vgl. LG Frankfurt/Main, Urt. v. 05.03.2015 – Az.: 2-03 O 188/14).

Was kann man als Arzt gegen negative Bewertungen unternehmen?

Im Falle einer unzulässigen Bewertung eines Arztes können die Beteiligten, d.h. das Bewertungsportal als auch der Patient, auf Unterlassung der Verbreitung (Löschung) in Anspruch genommen werden.

Bewertungsportale haben grundsätzlich die Vorschriften des Bundesdatenschutzgesetzes (BDSG) und des Telemediengesetzes (TMG) einzuhalten.

Erlangt das Bewertungsportal Kenntnis von rechtswidrigen, also entweder ehrverletzenden Äußerungen (z.B. Schmähkritik) oder (herabsetzenden) unwahren Tatsachenbehauptungen eines Patienten, so dass ein Rechtsverstoß auf der Grundlage der Behauptungen des betroffenen Arztes unschwer bejaht werden kann, ist das Portal zur Löschung verpflichtet (Bundesgerichtshof, Urteil vom 25.10.2011, Az. VI ZR 93/10).

Eine Verpflichtung zur Löschung des beanstandeten Eintrags besteht, wenn auf der Grundlage der Stellungnahme des Patienten und einer etwaigen Replik des Arztes unter Berücksichtigung etwa zu verlangender Nachweise von einer rechtswidrigen Verletzung des Persönlichkeitsrechts des Arztes auszugehen ist.

Der Arzt kann über eine Abmahnung das Bewertungsportal auf Unterlassung der Verbreitung in Anspruch nehmen.

Ein Patient haftet im Rahmen der Preisgabe von ehrverletzenden Äußerungen und herabsetzenden unwahren Tatsachenbehauptungen unmittelbar als Täter. Der Arzt kann über eine Abmahnung den Patienten auf Unterlassung in Anspruch nehmen und die Anwaltskosten als Schadensersatz geltend machen – wenn er denn weiß, wer die Bewertung erstellt hat.

Eine weitere Handlungsmöglichkeit ist, den Patienten strafrechtlich wegen Beleidigung oder übler Nachrede anzuzeigen und ein Ermittlungsverfahren anzustrengen.

Im Rahmen einer strafrechtlichen Ermittlung besteht dann die Möglichkeit, die Person des anonymen Bewertenden im Rahmen eines Auskunftsanspruchs (§ 161a StPO) gegen das Bewertungsportal und den Telekommunikationsprovider zu ermitteln.

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2 Gedanken zu „Was tun gegen negative Bewertungen auf Jameda, Sanego & Co?

  • 20. Januar 2018 um 5:10 Uhr
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    Sie behaupten “Dr. Meier verschrieb mir ein falsches Medikament.“ sei eine unzulässige Tatsachenbehauptung. Das ist indes nicht der Fall. Welches Medikament das richtige und welches das falsche ist, ist sehr wohl eine Frage der Meinung, und ist übrigens nicht nur durch die Meinungs- sondern zusätzlich sogar durch die Wissenschaftsfreiheit gedeckt. Nicht nur der approbierte Arzt, der Sachverständigengutachter, der Jurist oder ein sonstiger Experte sondern jeder Laie hat das Recht auf eine eigene fachliche Meinung. Eine falsche Tatsachenbehauptung wäre "Dr. Meier verschrieb mir Lorazepam", wenn er in Wirklichkeit Zolpidem verschrieben hat. Ihr Artikel ist daher irreführend und einseitig und von einem autoritären Verständnis vom Arzt-Patientenverhältnis geprägt, wonach angeblich nur der Mediziner, nicht der Patient das Recht habe, die Behandlung als richtig oder falsch zu beurteilen.

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  • 10. April 2015 um 7:47 Uhr
    Permalink

    Nicht jeder Patient ist befähigt rechtssicher zu formulieren. Zum anderen habe ich erlebt dass Gerichte Äußerungen einseitig zu lasten der Patienten auslegen. Gerade im psychischen Bereich besteht ein Diskriminierungsverdacht von Patienten. Hinzu kommt das sich Ärzte gut qualifizierte Änwälte bedienen, Patienten hingegen häufig krankheitsbedingt auf Prozeßkostenhilfe angewiesen sind und in dieser Preisklasse nicht selten auf schlecht motivierte Rechtsbeistände angewiesen sind, sofern sie überhaupt fündig werden und auch hier nicht als Krank diskriminiert werden.
    Auch deutet vieles darauf hin das die Portale mehr zur Imagepflege von Ärzten und den Schalten von profitablen Anzeigen benutzt werden, als dass sich dort differenzierte kritische Äußerungen finden, gegen die im übrigen immerwieder massiv vorgegangen werden.

    In der Psychotherapie bestehen besondere Abhängigkeitsbeziehungen (Abhängigkeiten, Bindung, Preisgabe von vertrauliche Informationen, Hilfestellungen, (Gefälligkeits)-Bescheinigungen, ) die in den Benutzerregeln nicht ausreichend berücksichtigt werden . Angst und Dankbarkeit machen ehrliche Antworten sehr schwer und sind durch die Anonymitätsbekundungen nicht ausreichend geschützt

    Wenn ein Patient den (sichtbaren) Eindruck hat die sexuellen Phantasien des Therapeuten zu bedienen, aufgefordert wird gewisse Dienstleistungen (für ihn) zu übernehmen, der Datenschutz nicht gewährleistet wird, der Therapeut sich als Immobilienverkäufer oder als profitiernder Vermittler betätigt ect. so sollte der derartige Äußerungen die Verstöße gegen die Berufsordnung und das Strafrecht beinhalten, auf den Bewertungsportalen tunlichst unterlassen und ein Anwalt aufgesucht werden.

    Selbst wenn den Äußerungen des Patienten überhaupt glauben geschenkt werden würde, ist eine Beweisführung extrem schwierig. Das Arztgeheimnis, die Datenschutzregeln und diverser strafrechtlicher Bedrohungsmöglichkeiten machen die Einschaltung eines Rechtsbeistandes nötig. In der Regel werden Anwälte von dÄußerungen auf Bewertungsportale abraten.

    Sätze wie : Ich habe die Behandlung abgebrochen weil…. werden sich daher auch auf Bewertungsportale in Zukunft nicht finden!

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