Bundestagswahl 202116.09.2021

Bundestagswahl: Was bedeutet Erststimme und für was ist die Zweitstimme?Direktmandate und Listenmandate

Am 26. September 2021 steht eine neue Bundestagswahl an. Dann haben es die Bürger wieder in der Hand zu entscheiden, wer die Geschicke des Landes lenken soll. Insgesamt stehen 598 Sitze im Bundestag zur Verfügung. Doch nicht jedem ist klar, welcher Partei er seine Stimme gibt. Einigen ist auch nicht bewusst, warum sie zwei Stimmen zur Wahl haben. Sie fragen sich, was es mit der Erst- und Zweitstimme auf sich hat und für was diese Unterscheidung wichtig ist. Was bedeutet also Erststimme und für was ist die Zweitstimme?

Bei der Wahl zum 20. Deutschen Bundestag am 26. September 2021 hat jede Wählerin und jeder Wähler – wie bei den vorausgegangenen Bundestagswahlen – zwei Stimmen:

Was bedeutet die Erststimme?

Zur Bundestagswahl wird das gesamte Bundesgebiet in 299 etwa gleich große Wahlkreise aufgegliedert. Jeder Wahlkreis soll etwa gleich viele Wähler umfassen. In jedem dieser Wahlkreise tritt jeweils ein Kandidat pro Partei zur Wahl an. Zudem können parteiunabhängige Kandidaten antreten. Mit der Erststimme kann der Bürger einer dieser Kandidaten wählen. Erhält einer der Kandidaten dadurch die Mehrheit der Erststimmen im Wahlkreis, ist er direkt in den Bundestag gewählt. Man spricht in einem solchen Fall von einem Direktmandat. Durch die Erststimme wird die Hälfte der Sitze im Bundestag vergeben. Zudem soll sie gewährleisten, dass alle Regionen Deutschlands im Bundestag vertreten sind.

Für was ist die Zweitstimme?

Mit der Zweitstimme wählt der Bürger nicht eine bestimmte Person, sondern eine Partei. Die Parteien erstellen vor der Wahl für jedes Bundesland eine Liste. Auf dieser Liste stehen Personen, die sich im Deutschen Bundestag engagieren wollen. Wie viele Personen auf der Liste einen Sitz im Bundestag erhalten, bestimmt sich nach den Stimmen, die die Partei insgesamt erhalten hat. Hat also eine Partei zum Beispiel 30 % Prozent der Zweitstimmen erhalten, stehen ihr auch 30 % der Sitze zu. Daher entscheidet die Zweitstimme darüber, wie stark eine Partei im Bundestag vertreten ist.

Was ist die 5 %-Hürde?

Damit die Zweitstimmen überhaupt zählen, ist es erforderlich, dass die Partei zumindest 5 % der Zweitstimmen oder drei Wahlkreise durch Direktmandate erhalten hat. Wird dies nicht erreicht, kommt also eine Partei etwa nur auf insgesamt 2 % der Stimmen und hat sie zumindest nicht drei Wahlkreise direkt gewonnen, verfallen alle Zweitstimmen. Die Partei kommt dann nicht in den Bundestag.
Eine Ausnahme bildet jedoch das Direktmandat. Wird nämlich ein Kandidat durch die Mehrheit der Erststimmen in einem Wahlkreis direkt in den Bundestag gewählt, ist es unerheblich, ob seine Partei die 5 %-Hürde genommen hat. Er erhält zwingend einen Sitz im Bundestag.

Stimmensplitting

Erst- und Zweitstimme können unabhängig voneinander abgegeben werden, sie brauchen nicht derselben Partei gegeben werden. Vielmehr kann die Stimmabgabe „gesplittet“ werden, indem die Erststimme für eine Wahlkreisbewerberin beziehungsweise einen Wahlkreisbewerber einer bestimmten Partei vergeben wird und die Zweitstimme für die Landesliste einer anderen Partei (sogenanntes Stimmensplitting).

Auch nur 1 Stimme kann abgegeben werden

Der Wähler beziehungsweise die Wählerin kann sich auch darauf beschränken, nur eine Stimme, sei es die Erst- oder die Zweitstimme, abzugeben; in diesem Fall zählt die jeweils nicht abgegebene Stimme als ungültig.

Zweitstimmenkampagne der FDP zur Bundestagswahl 2013

Weil gerade die Zweitstimme über das Stimmenverhältnis entscheidet und die FDP fürchtet, nicht über die 5%-Hürde zu kommen, hatte die FDP zur Bundestagswahl 2013 wieder eine Zweitstimmenkampagne gestartet. Die FDP forderte CDU- und CSU-Wähler auf, ihre Zweitstimme der FDP zu geben. Nur so könnte gesichert werden, dass die FDP in den Bundestag einzieht und es weiterhin eine schwarz-gelbe Koalition gebe. Daher warb der FDP-Politiker Brüder mit den Worten “Zweitstimme für FDP ist Merkel-Stimme“.

Leihstimme, Stützstimme

Brüderle warb somit um so genannte „Leihstimmen“. Der Begriff Leihstimme bezeichnet umgangssprachlich eine Wahlstimme, die ein Wähler aus wahltaktischen Gründen einer anderen als der von ihm bevorzugten Partei gibt. Treffender wird auch von Stützstimme gesprochen.

Die Zweitstimmenkampagne fruchtete nicht. Die FDP blieb unter der 5%-Hürde und ist in der aktuellen Legislaturperiode nicht im Bundestag vertreten.

19. Bundestag mit 709 Abgeordneten

Die Regelgröße des Bundestags beträgt 598 Abgeordnete. Nach der Wahl zum 19. Bundestag, die am 24. September 2017 stattfand, umfasste der Bundestag 709 Abgeordnete. Der Bundestag vergrößerte sich um 111 Abgeordnete, weil es 46 Überhangmandate und 65 Ausgleichsmandate gab.

Reform 2020: Vermeidung einer Erhöhung der Mandate

Der Bundestag hat am 8. Oktober 2020 eine Änderung des Wahlrechts beschlossen. Mit der Gesetzesänderung 2020 bekräftigte der Bundestag, an der mit der Wahlrechtsänderung von 2013 eingeführten Sitzzahlerhöhung zum Ausgleich von Überhangmandaten festzuhalten. Das Kernanliegen der Wahlrechtsänderung war es aber, eine weitere Vergrößerung des Bundestages zu verhindern.

Daher hat der Bundestag für die kommende Bundestagswahl folgende Wahlrechtsänderungen beschlossen:

Anrechnung von Direktmandaten auf Listenmandate

Durch die teilweise Anrechnung von Direktmandaten auf Listenmandate der gleichen Partei in anderen Bundesländern auf der ersten Stufe soll ein weiterer Aufwuchs vermieden werden. Hierzu wird wie bisher auf der ersten Stufe die prozentuale Verteilung der Listenmandate für die Parteien in den Bundesländern ermittelt. Neu eingeführt wurde die Regelung, dass jeder Landesliste der höhere Wert aus entweder der im Land errungenen Direktmandate oder dem auf ganze Sitze aufgerundeten Mittelwert zwischen diesen und den für die Landesliste der Partei nach der ersten Stufe ermittelten Sitzen zugeordnet wird.

Dieser zusätzlich eingeführte Berechnungsschritt kann zu einer Reduzierung der garantierten Mindestsitzzahlen im anschließenden Ausgleichsverfahren der zweiten Stufe führen und dient somit einer Kompensation eines Teils der Überhangmandate.

Ausgleichsmandate erst nach drei Überhangmandaten

Die Wahlrechtsänderung 2020 sieht zudem vor, dass das Ausgleichsverfahren erst nach drei Überhangmandaten einsetzt. Bei der Berechnung der Sitzzahlerhöhung auf der zweiten Stufe (Ausgleichsmandate) werden bis zu drei nicht anrechenbare Direktmandate nicht berücksichtigt und erst danach setzt der Ausgleich durch die Sitzzahlerhöhung ein.

Dadurch können künftig bis zu drei unausgeglichene Überhangmandate entstehen. Der nicht durchgeführte Vollausgleich aller Überhangmandate dient der Reduzierung der Bundestagsmandate.

(Diese Rechtsfrage wurde aktualisiert.)

Quelle:refrago/rb/pt
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Ein Gedanke zu „Bundestagswahl: Was bedeutet Erststimme und für was ist die Zweitstimme?

  • 20. September 2017 um 6:57 Uhr
    Permalink

    Kurz und verständlich. Hat mir geholfen zu verstehen.

    Antwort

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