Erbschaft15.04.2021

Was ist die gesetzliche Erbfolge?

Die gesetzliche Erbfolge ist die gesetzliche Regelung, wer beim Tod eines Menschen dessen Erbe wird, d.h. Rechtsnachfolger des Erblassers wird. Geregelt ist dies im fünften Buch des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB). Doch was versteht man genau unter der gesetzlichen Erbfolge?

Erbe heißt, dass mit dem Tod eines Menschen dessen Vermögen (d.h. die Erbschaft) „als Ganzes auf eine oder mehrere andere Personen“ übergeht (§ 1922 Absatz 1 BGB). Die gesetzliche Erbfolge wird immer dann relevant, wenn der Erblasser für den Fall des Todes keine andere Regelung durch ein wirksames Testament oder einen Erbvertrag getroffen hat oder wenn der durch Testament bestimmte Erbe dieses ausgeschlagen hat.

Für diesen Fall, dass also keine gewillkürte Rechtsnachfolge eintritt, bestimmt die gesetzliche Erbfolge, wer von Gesetz wegen Erbe wird. Die gesetzliche Erbfolge richtet sich streng nach dem Verwandtschaftsgrad, in dem die Hinterbliebenen mit dem verstorbenen Erblasser stehen, wobei das Gesetz die als Erben in Frage kommenden Verwandten in verschiedene Ordnungsgrade einteilt.

Erbfolge nach Verwandtschaftsgrad: Gesetzliche Erben erster Ordnung

Gesetzliche Erben erster Ordnung sind gemäß § 1924 Absatz 1 BGB die Abkömmlinge des Erblassers. Dabei wird kein Unterschied zwischen leiblichen Kindern, Adoptivkindern, ehelichen und nichtehelichen Kindern gemacht. Sie alle sind gesetzlich gleichgestellt und somit gleichermaßen Erben erster Ordnung. Hat der Erblasser mehrere Abkömmlinge, so erben diese zu gleichen Teilen (Miterben). Ist ein Abkömmling verstorben und hinterlässt seinerseits ein Kind (Enkel des Erblassers), so tritt dieses an die Stelle des verstorbenen Kindes.

Innerhalb der ersten Ordnung gilt das sogenannte Repräsentationsprinzip. Lebt ein Kind des Erblassers, so schließt dieses die eigenen Kinder (d.h. die Enkelkinder des Erblassers) von der Erbschaft aus. Ist das Kind zum Zeitpunkt des Erbfalls bereits verstorben, ohne eigene Kinder zu hinterlassen, so fällt der Erbteil den anderen Erben der ersten Ordnung zu.

Erben zweiter Ordnung

Hatte der Erblasser keine Kinder, so dass keine gesetzlichen Erben erster Ordnung vorhanden sind, so werden erben die gesetzlichen Erben der zweiten Ordnung. Dies sind gemäß § 1925 Absatz 1 BGB die Eltern des Erblassers und deren Abkömmlinge (also die Geschwister des Verstorbenen). Leben beide Eltern noch, so erben diese allein. Lebt ein Elternteil nicht mehr, so treten dessen Abkömmlinge an dessen Stelle. Hat der Elternteil keine weiteren Kinder, so erbt der überlebende Elternteil allein.

Rückverfolgung der Abstammungslinie

Sind weder Eltern noch Geschwister vorhanden, so kommt die gesetzliche Erbfolge dritter Ordnung zum Tragen. Dies sind gemäß § 1926 Absatz 1 BGB die Großeltern des Erblassers und deren Abkömmlinge. Fernere Ordnungen setzen sich in entsprechender Weise fort: Urgroßeltern und deren Abkömmlinge, Ururgroßeltern und deren Abkömmlinge etc. Durch diese immer weiter zurückreichende Verästelung soll sichergestellt werden, dass das Erbe „in der Familie“ bleibt, wobei über die dritte und fernere Ordnungen vermittelte Erbschaften in der Praxis naturgemäß den absoluten Ausnahmefall darstellen. In den meisten Familien dürfte auch gar keine Kenntnis so ferner Verwandtschaftsbeziehungen bestehen, so dass erst genealogische Recherchen diese aufdecken können – die außer bei besonders bedeutenden Nachlässen selten in Auftrag gegeben werden.

Die genealogische Aufarbeitung der Familienbeziehungen ist zumeist aber auch gar nicht nötig, da gemäß § 1930 BGB Verwandte einer vorhergehenden Ordnung alle Verwandten nachfolgender Ordnungen von der Erbfolge ausschließen. Leben also Kinder des Erblassers, so sind diese gesetzliche Erben erster Ordnung. Verwandte der zweiten und fernerer Ordnungen kommen als Erben gar nicht mehr in Betracht.

Ehegatten in der Erbfolge

Neben der Erbfolge nach dem Verwandtschaftsgrad kommt das gesetzliche Erbrecht des Ehegatten des Erblassers zum Tragen. Gemäß § 1931 Absatz 1 BGB ist der überlebende Ehegatte des Erblassers […] neben Verwandten der ersten Ordnung zu einem Viertel, neben Verwandten der zweiten Ordnung oder neben Großeltern zur Hälfte der Erbschaft als gesetzlicher Erbe berufen“. Leben weder Verwandte der ersten oder zweiten Ordnung noch Großeltern des Erblassers, so wird der überlebende Ehegatte alleiniger Erbe.

Ehegattenerbanteil bei Zugewinngemeinschaft

Für das Erbrecht unter Ehegatten spielt darüber hinaus der Güterstand, in dem die Ehegatten gelebt haben, eine wichtige Rolle. Haben die Ehegatten im gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft gelebt (vgl. Was bedeutet Zugewinn­gemein­schaft?), so wird der Zugewinn gemäß § 1371 Absatz 1 BGB dadurch verwirklicht, „dass sich der gesetzliche Erbteil des überlebenden Ehegatten um ein Viertel erhöht“ – und zwar unabhängig davon, ob ein tatsächlicher Zugewinn während der Ehezeit erzielt wurde. Danach erhalten also hinterbliebene Ehegatten, die mit dem Verstorbenen im Güterstand der Zugewinngemeinschaft gelebt haben, neben Verwandten erster Ordnung die Hälfte des Nachlasses. Neben Verwandten zweiter Ordnung (wenn keine Verwandten erster Ordnung vorhanden sind) beträgt der Erbteil bereits drei Viertel.

Alternativ: Erbausschlagung und Geltendmachung des Zugewinns

Dieser pauschale erbrechtliche Zugewinnausgleich kann jedoch dazu führen, dass der Ehegatte durch die gesetzliche Erbfolge weniger erlangt, als wenn der Zugewinn, wie es ansonsten der Fall wäre, konkret berechnet und ausgezahlt würde. Dies kann der Ehegatte aber verhindern, indem er das Erbe nicht antritt, sondern es ausschlägt (vgl. Erbausschlagung: Wie schlägt man eine Erbschaft aus und was bedeutet Ausschlagen der Erbschaft?). Dann erhält er den gesetzlichen Pflichtanteil (in Höhe der Hälfte des gesetzlichen Erbteils) und kann zusätzlich gemäß § 1371 Absatz 3 BGB gegen die verbliebenen gesetzlichen Erben den Ausgleich des Zugewinns geltend machen. Der Zugewinn wird dann konkret berechnet und an den Ehegatten ausgezahlt. Auf dieses Recht können die Ehegatten allerdings durch eine vertragliche Regelung miteinander verzichten.

Ehegattenerbanteil bei Gütertrennung

Haben die Ehegatten im Güterstand der Gütertrennung gelebt, so erben der überlebende Ehegatte und jedes Kind gemäß § 1931 Absatz 4 BGB zu gleichen Teilen. Bei einem Kind erhält der Ehegatte demnach die Hälfte des Erbes, bei zwei Kindern ein Drittel usw. Geschiedene Ehegatten sind von der Erbfolge ausgeschlossen.

Am Ende der Erbfolge steht der Bund

Gibt es weder Verwandte noch einen Ehegatten bzw. Lebenspartner, so erbt gemäß § 1936 BGB das Land, in dem der Erblasser zur Zeit des Erbfalls seinen letzten Wohnsitz“ hatte oder, wenn dies nicht feststellbar ist, der gewöhnliche Aufenthalt bestand. Im Übrigen erbt der Bund.

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2 Gedanken zu „Was ist die gesetzliche Erbfolge?

  • 22. April 2021 um 15:02 Uhr
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    Ach, seit Seehofer 1992 mit seinem "neuen Betreuungsgesetz"
    konnten die gewalttätigeren, frechen, verlogenen einen Erben
    schon zu Lebzeiten des Erblassers an allen Schrauben drehen,
    was weg ist, ist weg. Gesetzliche Erbfolgen entfallen – ganz einfach.
    Mit einem angeblichen Testament, dass man irgendwann einfach
    der sehr verletzten, fast blinden ca 90-jährigen vorgelegt hat
    wurden einfach die Kinder/Enkel, gar Urenkel eingesetzt. Fertig.
    Was in dem Bereich alles läuft …
    inklusive Erbensuchdienste – vor lauter Unbekannten – inkl. in
    Amt und Behörde ist nicht mehr viel da um noch von Erbe sprechen zu können.

    Antwort
  • 16. April 2021 um 9:54 Uhr
    Permalink

    Der Artikel ist sachlich , sehr verständlich für jedermann geschrieben und hat mehr Sterne als 5 verdient. Bemerken möchte ich und bitte das für alle wie diesen Artikel fachlich zu ergänzen zu kommentieren. Ich bin gespannt.
    Erbausschlagung warum in heutiger Zeit, insbesondere für Minderjährige Kinder. Diese Kinder haben doch das Recht sollten sie wirklich Schulden Erben das Insolvenzverfahren über die Eltern zu beantragen und sind dann mit 18 Jahren schuldenfrei. Zumal das in Zukunft innerhalb von 3 Jahren erreicht werden kann. Ich habe keine Entscheidung gefunden das minderjährige Kinder mit 18 Jahren erst selbst entscheiden können. Zwar steht im Gesetz…….. aber was ist wenn die volljährigen Kinder dann mit 18 Jahren die Eltern verklagen eine falsche Entscheidung für das damals minderjährige Kind getroffen haben ( egal warum) z.B. und der alte Schrank von Oma oder Opa beim Nachbarn steht und einen Wert von 2000,00 € hat/hatte.?

    Danke schöne Grüße
    gez. B.S.

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