Kündigung des Arbeitsvertrags23.02.2022

Unter welchen Voraus­setzungen ist eine ordentliche Kündigung des Arbeit­gebers sozial gerechtfertigt?Eine personenbedingte, verhaltensbedingte oder betriebsbedingte Kündigung kann möglich sein

Unterfällt das Arbeits­verhältnis dem Kündigungs­schutz­gesetz darf der Arbeitgeber das Arbeits­verhältnis nur dann ordentlich kündigen, wenn dies sozial gerechtfertigt ist. Geregelt ist dies in § 1 Abs. 1 des Kündigungs­schutz­gesetzes (KSchG). Doch unter welchen Voraus­setzungen liegt eine soziale Rechtfertigung der Kündigung vor?

Unter welchen Voraussetzungen ist eine ordentliche Kündigung sozial gerechtfertigt?

Eine ordentliche Kündigung kann nach § 1 Abs. 2 KSchG sozial gerechtfertigt sein, wenn sie durch Gründe, die in der Person oder in dem Verhalten des Arbeitnehmers liegen, oder durch dringende betriebliche Erfordernisse, die einer Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers in diesem Betrieb entgegenstehen, bedingt ist. Eine soziale Rechtfertigung kann also bei einer personenbedingten, verhaltensbedingten oder betriebsbedingten Kündigung zu bejahen sein.

  • personenbedingte Kündigung
    Eine personenbedingte Kündigung wird ausgesprochen, wenn eine Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers aus Gründen, die in seiner Person liegen, nicht mehr möglich ist. Als Beispiel ist hier eine dauerhafte Erkrankung des Arbeitnehmers zu nennen. Ein weiteres Beispiel ist der Berufskraftfahrer, der seinen Führerschein verliert und deshalb seinen Beruf nicht mehr ausüben kann.
    Lesen Sie mehr zu diesem Thema hier: Was ist eine personen­bedingte Kündigung?
  • verhaltensbedingte Kündigung
    Eine verhaltensbedingte Kündigung wird ausgesprochen, wenn der Arbeitnehmer gegen seine arbeitsvertraglichen Pflichten verstoßen hat und dem Arbeitgeber die Weiterbeschäftigung daher nicht zuzumuten ist. Es muss sich also um eine dem Arbeitnehmer vorwerfbare arbeitsvertragliche Pflichtverletzung handeln. Beispiele sind Nichtleistung (Nichterscheinen am Arbeitsplatz, Zuspätkommen, zu frühes Verlassen des Arbeitsplatzes, Arbeitsverweigerung), Minderleistungen wie häufige und schwere Fehler, ständiges zu langsames Arbeiten, Straftaten wie Diebstahl zu Lasten des Arbeitgebers, Beleidigung von Kollegen, Vorgesetzten oder Kunden oder sonstige gravierende Verstöße gegen den Arbeitsvertrag oder die betriebliche Ordnung.
    Lesen Sie mehr zu diesem Thema hier: Was ist eine verhaltensbedingte Kündigung?
  • betriebsbedingte Kündigung
    Eine betriebsbedingte Kündigung wird ausgesprochen, wenn einer Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers in dem Betrieb wegen dringender betrieblicher Erfordernisse nicht mehr möglich ist. Als Beispiel kann hier eine Umstrukturierung oder eine Betriebsstilllegung genannt werden, aufgrund derer der Bedarf an der Beschäftigung des Mitarbeiters dauerhaft entfällt.
    Wird allerdings gleichzeitig für andere Arbeitnehmer, die die gleichen Aufgaben wie der betriebsbedingt gekündigte Mitarbeiter haben, Kurzarbeit eingeführt, so spricht dies dem Landesarbeitsgericht München zufolge gegen einen dauerhaft gesunkenen Beschäftigungsbedarf, so dass die betriebsbedingte Kündigung unwirksam ist (Landesarbeitsgericht München, Urteil vom 05.05.2021, Az. 5 Sa 938/20).
    Lesen Sie mehr zu diesem Thema hier: Was ist eine betriebsbedingte Kündigung?

In bestimmten Fällen sind noch weitere Voraussetzungen erforderlich damit eine ordentliche Kündigung sozial gerechtfertigt ist. Dabei ist zwischen privaten Betrieben einerseits sowie Betrieben des öffentlichen Rechts und Verwaltungen andererseits zu unterscheiden.

  • private Betriebe
    Verstößt die ordentliche Kündigung gegen eine Richtlinie über Kündigungen (§ 95 des Betriebsverfassungsgesetzes) oder kann der Arbeitnehmer, gegebenenfalls unter Zuhilfenahme einer Umschulungs- oder Fortbildungsmaßnahme sowie geänderter Arbeitsbedingungen, an einem anderen Arbeitsplatz im Betrieb oder in einem anderen Betrieb des Unternehmens weiterbeschäftigt werden, ist die Kündigung sozial ungerechtfertigt. Dies gilt jedoch nur dann, wenn der Betriebsrat aus den oben genannten Gründen der Kündigung widersprochen hat (§ 1 Abs. 2 Nr. 1 KSchG).
  • Betriebe des öffentlichen Rechts bzw. Verwaltung
    Verstößt die Kündigung gegen eine Richtlinie über die personelle Auswahl bei Kündigungen oder kann der Arbeitnehmer, gegebenenfalls unter Zuhilfenahme einer Umschulungs- oder Fortbildungsmaßnahme sowie geänderter Arbeitsbedingungen, an einem anderen Arbeitsplatz in derselben Dienststelle oder in einer anderen Dienststelle desselben Verwaltungszweigs an demselben Dienstort einschließlich seines Einzugsgebiets weiterbeschäftigt werden, ist die Kündigung sozial ungerechtfertigt. Dies gilt jedoch nur dann, wenn die zuständige Personalvertretung aus den oben genannten Gründen Einwendungen erhoben hat (§ 1 Abs. 2 Nr. 2 KSchG).

Verhältnismäßigkeit der Kündigung

Die Kündigung muss verhältnismäßig sein. Es darf kein milderes, gleichermaßen geeignetes Mittel zur Verfügung stehen, mit dem die Erfüllung der arbeitsvertraglichen Pflichten des Arbeitnehmers gewährleistet werden kann.

Bei einer dauerhaften Erkrankung oder häufigen Kurzerkrankungen des Arbeitnehmers beispielsweise ist die personenbedingte Kündigung unverhältnismäßig, wenn es angemessene mildere Mittel zur Vermeidung oder Verringerung künftiger Fehlzeiten gibt (Landesarbeitsgericht Düsseldorf, Urteil vom 09.12.2020, Az. 12 Sa 554/20). Dies kann die Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers auf einem anderen – leidensgerechten – Arbeitsplatz sein. Als milderes Mittel kommt ferner in Betracht, dem Arbeitnehmer vor einer Kündigung die Chance zu bieten, ggf. spezifische Behandlungsmaßnahmen zu ergreifen, um dadurch die Wahrscheinlichkeit künftiger Fehlzeiten zu reduzieren.

Personenbedingte Kündigung erst nach betrieblicher Eingliederungsmaßnahme

Es ist Sache des Arbeitgebers, die Initiative zur Durchführung eines gesetzlich gebotenen betrieblichen Eingliederungsmanagements (bEM) zu ergreifen. Dazu gehört, dass er den Arbeitnehmer auf die Ziele des bEM sowie die Art und den Umfang der hierfür erhobenen und verwendeten Daten hinweist.

Hat der Arbeitgeber die gebotene Initiative nicht ergriffen, muss er zur Darlegung der Verhältnismäßigkeit einer auf krankheitsbedingte Fehlzeiten gestützten Kündigung nicht nur die objektive Nutzlosigkeit arbeitsplatzbezogener Maßnahmen im Sinne des § 1 Absatz 2 Satz 2 KSchG aufzeigen. Er muss vielmehr auch dartun, dass künftige Fehlzeiten ebenso wenig durch gesetzlich vorgesehene Hilfen oder Leistungen der Rehabilitationsträger in relevantem Umfang hätten vermieden werden können (Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 20.11.2014, Az. 2 AZR 755/13).

Quelle:refrago/rb/we
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