Was bedeutet der Grundsatz „In dubio pro reo“?
Es kommt vor, dass ein Angeklagter unter Anwendung des Grundsatzes „In dubio pro reo“ freigesprochen wird. Doch was bedeutet dies?
Was bedeutet der Grundsatz „In dubio pro reo“?
„In dubio pro reo“ ist lateinisch und bedeutet: Im Zweifel für den Angeklagten. Der Grundsatz steht dafür, dass ein Angeklagter nicht verurteilt werden darf, wenn das Gericht Zweifel an seiner Schuld hat. Oft wird ein so erfolgter Freispruch als „Freispruch zweiter Klasse“ bezeichnet. Der Grundsatz ist gesetzlich nicht geregelt, wird aber aus verschiedenen Normen abgeleitet, wie zum Beispiel: Art. 103 Abs. 2 des Grundgesetzes, Art. 6 Abs. 2 der Europäischen Menschenrechtskonvention oder § 261 der Strafprozessordnung.
So einfach, wie der Grundsatz klingt, ist es aber in manchen Fällen nicht. So kann ein Tathergang deshalb zweifelhaft sein, weil zwei mögliche Varianten in Betracht kommen. In diesem Fall führt der Grundsatz „In dubio pro reo“ nicht stets dazu, dass der Angeklagte freizusprechen ist. Vielmehr ist eine Verurteilung durchaus möglich. Dies ist etwa dann der Fall, wenn die beiden möglichen Tatvarianten ein Stufenverhältnis bilden. Ist die eine Variante also ein „mehr“ gegenüber der anderen, so erfolgt eine Verurteilung nach dem milderen Gesetz.
Bsp.: Steht nach der Überzeugung des Gerichts fest, dass der Angeklagte eine einfache Körperverletzung (§ 223 StGB) begangen hat, bleibt aber eine gefährliche Körperverletzung (§ 224 StGB) zweifelhaft, so kommt eine Verurteilung nur wegen einfacher Körperverletzung in Betracht.
Ein Stufenverhältnis besteht zudem zwischen einer Vollendung und einem Versuch, einer Beihilfe und einer Täterschaft sowie einem Vorsatz und einer Fahrlässigkeit.