Jugendstrafrecht27.09.2023

Kinderpornografie auf dem Smartphone von Schülern – welche Strafe droht Jugendlichen?Jugendliche und Heranwachsende könne nach dem Jugendstrafrecht für Kinderpornografie bestraft werden

Auf immer mehr Smartphones von Schülerinnen und Schülern findet sich Kinderpornografie. Vielen ist die Tragweite beim Versenden oder Empfangen von Nacktbildern gar nicht bewusst. Aber was sind die Folgen, wenn Kinderpornografie (§ 184b StGB) und das Jugendstrafrecht aufeinander treffen? Genau diese Frage beantwortet der folgende Beitrag.

Die Zahl von Kinderpornografie ist in den vergangenen Jahren nahezu explodiert. 2015 wurden dem Bundeskriminalamt etwa 14.500 Fälle mit Verdacht auf Kinderpornografie übermittelt. 2021 waren es schon 78.600 Hinweise auf Kinderpornografie und 2022 sogar 136.500 Hinweise. Der NDR titelte 2020 in einem Bericht:  „Immer mehr Gewalt- und Pornovideos auf Kinder-Handys“. Das  Problem von Kinderpornografie unter Jugendlichen ist also mittlerweile riesengroß.

Verbreitung von Kinderpornografie durch Minderjährige

Die wenigsten der Minderjährigen laden sich etwa über das Darknet kinderpornografische Inhalte bewusst herunter und verbreiten derlei Material böswillig. Meistens handelt es sich um Minderjährige, die in Chatgruppen aktiv sind. Wird dort ein Sticker, GIF oder andere Medien mit kinderpornografischem Material gepostet, besteht der Anfangsverdacht des Besitzes faktisch für alle Teilnehmer der Gruppe, da Medien meist automatisch auf dem Gerät gespeichert werden.

Das Nacktfoto von der Freundin auf dem Handy

Strafbar ist es auch, wenn etwa eine 15-Jährige ihrem Freund ein Nacktfoto zusendet und dieser das Foto auf seinem Handy abspeichert. Die meisten Kinder und Jugendlichen sind sich der Tragweite des Versendens oder Empfangens von nicht bewusst. Sie denken weder über die strafrechtlichen Konsequenzen nach, noch darüber, wie diese Handlungen sich auf die abgebildete Person auswirken können.

Wer fällt unter das Jugendstrafrecht?

Grundsätzlich ist man in Deutschland ab 14 Jahren strafmündig. Ein Kind, welches also unter 14 Jahre alt ist, kann nicht für den Besitz, die Herstellung oder die Verbreitung von Kinderpornografie nach dem Jugendstrafrecht belangt werden, da es noch nicht strafmündig ist. Bei Kindern unter 14 Jahren wird das Jugendamt Kontakt mit den Erziehungsberechtigten des Kindes aufnehmen.

Als Jugendlicher, i.S.d. Jugendstrafrechtes, zählt man, wenn man zur Tatzeit zwischen 14 und 18 Jahren als war. Teilweise werden jedoch auch Heranwachsende, sprich 18-21 Jährige, bei Vorliegen von bestimmten Umständen, nach dem Jugendstrafrecht behandelt.

Welche strafrechtlichen Konsequenzen hat der Besitz oder die Verbreitung von Kinderpornos?

Die strafrechtlichen Konsequenzen für die Verbreitung, den Erwerb oder den Besitz von kinderpornografischen Inhalten ist durch § 184b StGB sanktioniert. Bei § 184b StGB handelt es sich um ein Verbrechen mit einer Mindeststrafe von einem Jahr bis zu fünf Jahren. Wird jetzt jedoch nach dem Jugendstrafrecht oder besser gesagt nach dem Jugendgerichtsgesetz (JGG) verhandelt, ist es möglich, nach einem geringeren, als das oben genannte Mindeststrafmaß zu urteilen. Aufgrund dessen muss es nicht zwingend zu einer Freiheitsstrafe für Jugendliche kommen. Es kommt dann auf die Einsichtsfähigkeit und die einzelfallabhängigen Umstände an. Wenn es sich bei der Tat um eine Verfehlung handelt, können Erziehungsmaßnahmen verhängt werden, wie z.B. Sozialstunden. Unter diesen Umständen würde der Jugendliche auch nicht als vorbestraft gelten.

Wie gehen die Ermittlungsbehörden bei Verdacht auf Kinderpornografie vor?

Sobald ein Verdacht auf Kinderpornografie besteht, wird normalerweise ein Ermittlungsverfahren eingeleitet. Es ist unerheblich, ob die auf dem Bild abgebildete Person in etwa gleich alt ist wie der oder die Verdächtige ist. Im Verlauf der Ermittlungen erfolgt in der Regel eine Durchsuchung der Wohnräume und die Vorladung des Beschuldigten (vgl. unsere Rechtsfrage: Gibt es einen Unterschied zwischen einem Angeschuldigten und einem Beschuldigten?) zur Befragung bei der Polizei. Eltern und Kind fühlen sich in dieser Situation oft überfordert und wissen nicht, wie sie am besten mit dieser Lage umgehen sollen. Es ist auf jeden Fall ratsam, hier anwaltlichen Rat einzuholen. Ein Rechtsanwalt für Strafrecht oder Sexualstrafrecht ist hier der richtige Ansprechpartner.

Exkurs: Die Hochstufung von § 184b StGB zum Verbrechen und die ungewollten Folgen

Die Große Koalition hat im Jahr 2021 in 184b Strafgesetzbuch (StGB) zu einem Verbrechen hochgestuft, in dem die Mindestfreiheitsstrafe auf ein Jahr erhöht wurde. Das hat mittlerweile zu – damals nicht bedachten – unliebsamen Folgen geführt:

Die Neuregelung führte dazu, dass sogar gegen Lehrer, Betreuer oder andere Aufsichtspersonen ermittelt werden musste, die kinderpornografisches Material in ihrem Besitz hatten, ohne dass sie beabsichtigten, den inkriminierten Inhalt zu verbreiten. Eltern können sich nach der Regelung beispielsweise strafbar machen, wenn sie entsprechende Fotos auf den Handys ihrer Kinder finden und sie aus Sorge oder zur Überprüfung an andere Eltern der Schulklasse weiterleiten. Selbst „Spaßvideos“, die von Kindern auf dem Schulhof geteilt werden, können unter diese Vorschriften fallen.

Ein weiteres, prozessrechtliches Problem: Durch die Heraufstufung zum Verbrechen wurde der Staatsanwaltschaft auch ein flexibles Instrumentarium aus der Hand genommen, nämlich Verfahren in bestimmten Konstellationen auch einzustellen, ggf. gegen Auflagen (§§ 153, 153a Strafprozessordnung).

Tipp: Aktuelle Artikel zum Thema Strafrecht bei www.recht-aktuell.de/aktuell/Strafrecht

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