Scheidung11.02.2019

Ist eine Scheidung ohne Anwesenheit vor Gericht möglich?

Lässt sich eine Ehepaar scheiden, so kann es vorkommen, dass ein Ehepartner nicht vor Gericht erscheinen will. Möglicherweise verweigert er die Scheidung und möchte daher nicht vor Gericht erscheien oder er lebt weit entfernt von dem Ort an dem die Scheidung vor Gericht verhandelt wird. So stellt sich die Frage, ob eine Scheidung auch ohne Anwesenheit vor Gericht möglich ist?

Das Scheidungs­verfahren ist weitgehend durch schrift­liche Korrespondenz zwischen dem Gericht und den beteiligten Ehepartnern geprägt. Am Ende des Verfahrens steht der Scheidungstermin vor dem Familiengericht. Gemäß § 128 FamFG (Gesetz über das Verfahren in Familien­sachen) lädt das Gericht beide Ehepartner zu diesem Termin, um sie persönlich anzuhören. Sie erhalten eine förmliche Ladung des Gerichts, der sie Folge leisten müssen. Es besteht also für beide Ehegatten eine Anwesenheits­pflicht vor Gericht.

Warum müssen beide Ehepartner im Scheidungs­termin erscheinen?

In der persönlichen Anhörung befragt das Gericht die Ehepartner zu den Scheidungsvoraussetzungen. So sollen die Ehepartner dem Gericht bei einer ein­vernehmlichen Scheidung persönlich mitteilen, ob sie die Ehe für gescheitert halten oder ob sie eine Möglichkeit sehen, die eheliche Lebens­gemeinschaft wieder her­zustellen.

Auch die Rechts­anwälte, die die Ehepartner im Scheidungsverfahren vertreten, müssen zu dem Termin erscheinen. Bei einer einvernehmlichen Scheidung reicht es aus, wenn sich der Antragsteller von einem Anwalt vertreten lässt und mit diesem vor Gericht erscheint. Erscheint der Anwalt nicht, kann der Scheidungstermin nicht durch­geführt werden. Das Gericht bestimmt in diesem Fall einen neuen Termin.

Ausnahmen von der Anwesenheits­pflicht aufgrund großer Entfernung vom Gericht

Für den Fall, dass ein Ehegatte am Erscheinen verhindert ist oder sich „in so großer Entfernung vom Sitz des Gerichts“ aufhält, „dass ihm das Erscheinen nicht zugemutet werden kann“, kann das Gericht gemäß § 128 Absatz 3 FamFG als Alternative zur persönlichen Ladung die Anhörung oder Vernehmung durch einen ersuchten Richter anordnen.

Was passiert, wenn ein Ehepartner nicht zum Scheidungs­termin erscheint?

Der gerichtlichen Ladung zum Scheidungs­termin müssen die Ehegatten nachkommen. Erscheint einer der Ehegatten nicht, so kann das Gericht dies mit Zwangs­maßnahmen ahnden. § 33 Absatz 3 FamFG ermöglicht es dem Gericht, gegen den Ehepartner, der unentschuldigt nicht zum Scheidungs­termin erscheint, ein Ordnungs­geld zu verhängen. Dieses kann bis zu 1.000 Euro betragen. Gemäß § 128 Absatz 4 FamFG in Verbindung mit § 380 Absatz 1 ZPO kann das Gericht dem nicht er­schienenen Ehepartner ferner die durch das Ausbleiben verursachten Kosten auferlegen.

Die Festsetzung von Ordnungs­geld kann wiederholt werden, wenn der Ehepartner zu einem neuen Termin ebenfalls nicht erscheint. Bei wieder­holtem Fernbleiben kann das Gericht die Vorführung des Ehepartners durch den Gerichts­vollzieher anordnen.

In begründeten Fällen kann Verlegung des Scheidungs­termins beantragt werden

Diese Zwangs­mittel gelten aber nur für die unentschuldigte Abwesenheit. Wer die Ladung zum Scheidungs­termin erhält und einen berechtigten Grund geltend machen kann, aus dem er verhindert ist, den Termin wahrzunehmen, kann bei Gericht beantragen, den Termin zu verlegen. Ein berechtigter Grund kann beispiels­weise in einer bereits gebuchten und bezahlten Urlaubs­reise liegen. Der Antrag auf Termins­verlegung sollte aber rechtzeitig gestellt werden. Wichtig ist: So lange das Gericht den angesetzten Scheidungs­termin nicht aufgehoben hat, besteht Anwesenheits­pflicht.

Auch eine zur Verhandlungs­unfähigkeit führende Erkrankung kann das Fernbleiben vom Scheidungs­termin recht­fertigen. Die Verhandlungs­unfähigkeit muss dem Gericht allerdings nachgewiesen werden (etwa durch ärztliches Attest). Im Zweifel kann das Gericht ein amts­ärztliches Attest einfordern.

Wie wirkt sich das Nicht­erscheinen im Termin auf das Scheidungs­verfahren aus?

Die Verhängung von Zwangs­mitteln gegen einen im Scheidungs­termin säumigen Ehepartner soll den ordnungs­gemäßen Ablauf des Scheidungs­verfahrens erzwingen. Das Nicht­erscheinen kann sich aber auch in prozessualer Hinsicht auf den weiteren Verlauf des Scheidungs­verfahrens auswirken. Dabei ist zwischen dem Nicht­erscheinen des Antrag­stellers (der Ehepartner, der den Antrag auf Scheidung stellt) und des Antrags­gegners zu unter­scheiden.

Prozessuale Folgen bei Nicht­erscheinen des Antrag­stellers

Wenn der Antrags­steller fehlt, kann das Gericht, da ja kein Scheidungsantrag gestellt werden kann, nicht die Scheidung der Ehe beschließen. Der Antrags­gegner kann vielmehr Antrag auf Erlass einer Versäumnis­entscheidung durch das Gericht stellen. Der Scheidungs­antrag gilt in diesem Fall als zurück­genommen. Diese Rücknahme erstreckt sich gemäß § 141 FamFG zugleich auf die Folgesachen des Scheidungs­verfahrens.

Wenn bereits in einem früheren Gerichts­termin verhandelt wurde (was eher die Ausnahme sein dürfte) kann auch eine Entscheidung nach Lage der Akten ergehen. Denkbar ist dies beispiels­weise bei beidseitigem Scheidungs­antrag der Ehepartner und unstreitigem Sachverhalt. In diesem Fall kann das Gericht die Ehe trotz Fernbleibens des einen Ehegatten scheiden.

Wie geht das Scheidungs­verfahren bei Nicht­erscheinen des Antrags­gegners weiter?

Die prozessualen Folgen des Ausbleibens des Antrags­gegners sind etwas anders. Bei seinem Ausbleiben kann weder eine Versäumnis­entscheidung noch eine Entscheidung nach Aktenlage ergehen (§ 130 Absatz 2 FamFG).

Das Gericht muss vielmehr einen neuen Scheidungs­termin bestimmen und den säumigen Antrags­gegner zu diesem Termin laden (eventuell verbunden mit der Festsetzung eines Ordnungs­geldes sowie bei mehrfachem Nicht­erscheinen der Anordnung der Vorführung des Antrags­gegners).

Erscheint der Antrags­gegner auch zu einem weiteren Termin nicht, ohne dies zu entschuldigen, so kann das Gericht dieses wiederholte Fernbleiben unter Umständen auch als Anhörungs­verweigerung und Bestätigung der Zerrüttung der Ehe werten. In diesem Fall kann das Gericht trotz Nicht­erscheinens des Antrags­gegners die Ehe scheiden. Dies ist aber nur bei einem unstreitigen Sachverhalt möglich, aus dem sich das Scheitern der Ehe ergibt. Andernfalls muss das Gericht erneut einen Termin festsetzen und mit den gesetzlichen Zwangs­mitteln das Erscheinen des Antrags­gegners durchsetzen.

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Quelle:refrago/we
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